Die »Uiuiui« aus Gonterskirchen, die »foi Loft« und das »Ploarern« der Gänse

Mit der (oberhessischen) Mundart ist es so ’ne Sache. Zum einen unterscheidet sich die Aussprache oftmals schon, sobald man nur die (Sprach-)Grenze zum nächsten Dorf überschreitet, und läge es auch nur wenige Kilometer entfernt. Da wird dann aus »zwie« ein »zwu« oder sogar ein »zwä«, obgleich ein und dasselbe »zwei« gemeint ist.
Zum anderen gibt es auch hierzulande Bezeichnungen für Tätigkeiten, Gegenstände oder Wesensarten, die aber auch gar nichts mit dem Hochdeutschen gemein haben - keine Chance für Zugereiste, da hilft es nur, einen Kursus »Oberhessisch als Fremdsprache« zu belegen. Ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten, das jeweilige Idiom verständlich und authentisch aufs (Zeitungs-)Papier zu bringen.
Doch was sind solche Petitessen gegen das Vergnügen, neue Worte zu lernen, die so lautmalerisch-treffend Tätigkeiten, Dinge oder Wesensarten beschreiben?
Die Rede sei hier vom »Ploarern«, womit in dem Horlofftal-Dörfchen Gonterskirchen eine Eigenart speziell der Gänse bezeichnet wird. Der Begriff taucht in dem Lied der Mundartgruppe »Dreschflegel« auf, das diese für ihr Heimatdorf Gonterskirchen getextet hat und jüngst bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Bandmitglied Hans-Georg Teubner-Damster zu hören war. Doch was ist damit gemeint? Wie Paul-Werner Koch erklärt, beschreibt das Wort das Verhalten der Gänse, wenn sich beim Bad aufplustern, hin und her bewegen und das Wasser aus dem Gefieder schütteln. Wieder was gelernt, das haften bleibt.
Als Bonbon für unsere Leser folgend Zeilen aus besagter Ode an Gonterskirchen: »Do, wu die Horloff noch jungfraulich eas, wu’s Wasser noch sauwer eas fir die Fesch. Do, wu jeden Owed die Glocke noch leut, wu zwa Pond noch e ganzes Kilo bedeut. Wo ean de Wirtschaft mer Bier trinkt aus Lich, wu se eam Staabruch noch sprenge, ’s knallst ganz fürchterlich. Do, wu de Parrer noch guckt noch eam Recht, wu der Metzger dehoam noch die Hausschlachtung määcht. Do, wu de Schwieersuh die Bloadwurscht noch east, wu mer immer schie freundlich eas zoa seine Gäst.« Dazu der Refrain: »Wu die Beem noch gri soi, die Loft eas noch foi, wu die Gäns sich noch ploarern, soi mir Uiuiui.«
Letzteres übrigens der Uznamen des Dorfes, der laut Koch den Mut und die Kühnheit der Gonterskirchener lautmalerisch bezeichnet. »Wir sind sehr zufrieden damit«, meinte er schelmisch. Und verwies auf den Uznamen der Laubacher: »Die Mauernschaesser«. Auch darüber haben die »Dreschflegel« bereits ein Lied gemacht und es etwa 2002 in Hungen bei einem Konzert für die Opfer des Elbe-Hochwassers gesungen. Das Foto entstand damals, zeigt (v.l.) Paul-Werner Koch, Volker Hartmann, Hans-Georg Teubner-Damster und Berthold Lind. tb/FOTO: PM