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Der Herr der Bienen

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Von: Rüdiger Soßdorf

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Sascha Greiner © pv

Der Landesgeschäftsführer des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes kommt aus Wettenberg. Sascha Greiner will die Imkerei fördern und regionales Handeln stärken.

Tagsüber heiter bis wolkig und fast frühlingshaft mild, nachts leichter Frost. Das vergangenen Wochenende war herrlich. Für die Menschen - aber nicht unbedingt für Bienen. Für die können solche Tage zum Stress werden. Denn die lauen Lüfte verleiten zum Ausschwärmen, die Tiere brauchen dafür viel Kraft, finden in der Natur aber noch kein Futter. Bei wärmerem Klima werden die Brutpausen der Bienen zudem kürzer; die Völker werden anfälliger. »Bienen leiden unter sich verändernden klimatischen Bedingungen«, sagt Sascha Greiner. Er muss es wissen. Seit Jahren Imker aus Passion, nennt der 39-Jährige mittlerweile 70 Völker sein Eigen: in Gleiberg, in Launsbach, im Hinterland… Seit Kurzem ist er hessischer Geschäftsführer im Deutschen Berufs- und Erwerbsimker-bund.

Greiner, seit einigen Jahren mit seiner Familie am Gleiberg zu Hause, will sich vor allem für all jene Berufskollegen engagieren, die mit Imkerei, mit Honig und Produkten wie Honigwein, Metessig, Wachskerzen, Likören oder Bonbons Geld verdienen und Familien ernähren wollen.

Dabei ist Imkern für viele ein Hobby; ein schöner, naturnaher und sinnstiftender Zeitvertreib: Im Deutschen Imkerbund sind für Hessen rund 12 000 Imker gemeldet, die das Handwerk in der Freizeit betreiben. Sie kümmern sich um rund 65 000 Bienenvölker zwischen Bad Karlshafen im Norden und Bad König im Süden.

Aber nur ein geringer Teil der Imker hat sich im Hessischen Landesverband der Berufs- und Erwerbsimker registriert. Just diesen will Greiner mit seinem Wissen und seinen Netzwerken beratend und helfend zur Seite stehen. »Eine stärkere Unterstützung und Förderung der Imkerei ist dringend notwendig. Insbesondere das Land Hessen hat hier Nachholbedarf«, sagt der 39-Jährige. Und verweist auf die nackten Zahlen: Während im bundesweiten Schnitt rund 4 Prozent der Imker ihrem Geschäft professionell und gewerbsmäßig nachgehen, liegt diese Quote in Hessen bei gerade mal zwei Prozent. Im Bundesdurchschnitt kümmert sich ein Hobby-Imker um etwa sieben Völker, in Hessen nur um fünf.

Dabei sieht der neue Landesgeschäftsführer großes Potenzial. Vor allem Stadtbienen verzeichnen deutliche Zuwachszahlen. Denn auch und gerade in urbanen Gebieten sind mit Gärten, Grünanlagen, Blühwiesen etc. vielfältige Strukturen vorhanden, die die Tiere brauchen. Ins Bewusstsein vieler Menschen sind die nützlichen Insekten erst durch das Bienensterben gerückt.

Greiner weiß um Defizite, an denen angesetzt werden kann. In der Landschaft herrsche vielfach eine »grüne Wüste«. Nach der Obstblüte und den Blumen im Frühjahr gebe es im Frühsommer den Raps - für viele Imker die »Brot-und-Butter-Blüte,«, die Hauptnektarquelle für Bienen. Danach komme im Laufe des Jahres leider nicht mehr so sehr viel.

Greiner will sich als Landesgeschäftsführer für eine Förderung der Berufsimker im Haupt- wie im Nebenerwerb starkmachen. Zudem will er sich in Hessen für eine Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Imkerei-Erzeugnisse sowie die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Honigs gegenüber Importhonigen einsetzen,

Als Geschäftsführer der Hessischen Berufs- und Erwerbs imker will Sascha Greiner Behörden, aber auch der Landesregierung zu Fragen des Imkerstandes zur Verfügung stehen; will Vorschläge unterbreiten und Anträge erarbeiten. Viele Themen wie z. B. das Europäische Integrations-Partnerschaft-Projekt »Bienenwald«, aber auch Fördermittel stehen auf seiner Agenda. Greiner: »Der Kalender ist prall gefüllt.«

Zur Imkerei ist Sascha Greiner durch seinen Schwiegervater gekommen, Der ist in dritter Generation Imker in Gladenbach. Seinen eigenen Betrieb führt Greiner seit 2014 in Wettenberg unter dem Namen »Hinterländer Bienenhof«. Und das übrigens ohne Imkermeister oder Tierwirt mit Fachrichtung Bienenhaltung zu sein. Dafür aber mit ungezählten Stunde privater Weiterbildung, u. a. an Bieneninstituten. Sogar seine Bienengiftallergie hält ihn nicht davon ab. Eigentlich müsste der Kilopreis für Honig bei rund 15 Euro liegen, hat er ausgerechnet; große gewerbliche Aufkäufer zahlten aber nur Preise zwischen 2,80 und 3,80 Euro.

Einer Frage, der er sich beispielsweise widmen will, ist die der Gleichstellung von Imkern mit Landwirten. In einem schlechten Honigjahr wie 2021, wo es im Frühling und Frühsommer kalt und regnerisch war, bleiben Erträge hinter denen der Vorjahre zurück. Aber da gebe es keine Versicherung, keine Ausfall-Leistung für Imker. Warum?

Imkerei und Ehrenamt ernähren Greiner und seine Familie nicht. Er spricht von einem erweiterten Hobby. Seine Brötchen verdient er als Manager in einem Münchener Unternehmen sowie als Geschäftsführender Gesellschafter der Zeydler GmbH - einem Fachhandel für regionale Produkte, der sich zunehmend als Ansprechpartner für regionale Erzeuger profilieren soll - als Bindeglied zwischen Erzeugern und Märkten,

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Das mundet der Biene - und gefällt dem Imker. © DPA Deutsche Presseagentur

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