Das Fotoalbum der Gemeinde

Es ist das gewaltige Fotoalbum einer Gemeinde: In der Busecker Topothek finden sich 1873 Bilder, Tendenz steigend. Das Problem dabei: Nicht immer ist klar, wer auf dem Foto zu sehen ist und wann es wo aufgenommen ist. Solche Fälle sind die Leidenschaft von Dorothea Häuser.
Derzeit gibt es 483 ungeklärte Fälle. Dies hört sich nach Polizeijargon an. Und tatsächlich kommen die Recherchen von Dorothea Häuser einer Detektivarbeit ziemlich nahe.
Mit einem Foto in der Hand begibt sie sich auf Personensuche. Die Aufnahmen sind häufig von schlechter Qualität und schon vergilbt. Es ist nicht ihr Job. Es ist ihr Hobby, dem sie sich mit viel Leidenschaft und hohem Zeitaufwand hingibt. »Für mich ist das so spannend wie ein guter Krimi, wenn sich ein Puzzleteil ins andere fügt«, sagt die 54-Jährige.
Angefangen hat alles vor rund 25 Jahren. Die in Oberschlesien Geborene betrieb damals Ahnenforschung, zunächst zu ihren eigenen Wurzeln und anschließend zur Familie ihres Ehemanns. Bei dieser Recherche kam sie erstmals mit dem Heimatkundlichen Arbeitskreis Buseck und mit Elke Noppes in Kontakt.
Der Vereinsvorsitzenden und Archivarin der Gemeinde ist es zu verdanken, dass Buseck als hessische Pilotgemeinde kostenlos die Plattform »Topothek« erhielt. Zur Freischaltung im September 2018 gab es nur fünf dieser frei zugänglichen Online-Archive in ganz Deutschland. Noppes gelang es, Häuser als weitere Topothekarin zu »rekrutieren«. Inzwischen umfasst die Topothek 1873 Fotos, gut die Hälfte davon hat »Doro« Häuser gescannt, eingestellt und mit Daten versehen.
Manchmal gibt es nur ein Foto: Kein Aufnahmedatum, kein Name, kein Hinweis auf den Anlass. Das sind die zu Beginn genannten 483 Fälle. Zur Klärung bitten Noppes und Häuser die Bevölkerung um Mithilfe. Sie sind sich sicher, dass durch Stöbern in der Topothek so manche Lücke gefüllt werden könnte. Suchbegriffe erleichtern den Zugriff auf die gewünschten Fotos.
Häufig reicht ein einziger Name um beispielsweise einen Schul- oder Konfirmationsjahrgang zu ermitteln. Dem Heimatkundlichen Arbeitskreis liegen abgeschriebene Kirchenbücher von einigen umliegenden Dörfern vor, die eine wichtige Arbeitsgrundlage für die Genealogen sind.
Ein wahrer Schatz ist die Sammlung und Registrierung der Bilder für das Buch »Buseck seine Dörfer und Burgen« zur 1200-Jahr-Feier von Alten-Buseck aus dem Jahr 1986. Auch dort fehlt bei vielen Aufnahmen die Beschriftung. Durch Telefonate und Hausbesuche konnte Häuser etliche Zuordnungen klären. Bei den Senioren lief sie stets offene Türen ein, und konnte so manche Lebens- und Dorfgeschichte zu Papier bringen. »Auch Amouröse, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind«, meint sie schmunzelnd.
Immer noch tabu sind hingegen Erzählungen aus dem Zweiten Weltkrieg. »Da tun sich manche sehr schwer, dabei würde ich darüber völlig wertungsfrei schreiben«, erklärt Häuser.
Als nächstes möchte sie die vorliegenden Fotos von Vereinen einstellen. Sie war überrascht, was es früher in Alten-Buseck für Vereine gab. Wer erinnert sich denn heute noch an den Radfahr-, Mandolinen- und Missionsverein, die Theatergruppe und den Posaunenchor?
Über die Presse möchte sie auch Auswärtige ansprechen und bitten, einen Blick in die Topothek zu werfen. Vor allem aber hofft sie darauf, dass Töchter und Söhne und Enkelkinder die nicht online affinen Senioren mit ihren Laptops aufsuchen und sagen: »Heute schauen wir mal nicht Fernsehen, sondern in die Topothek.«
Die biete sicher viel Stoff für Gespräche, die den »Alten« guttun und für die Jungen sehr aufschlussreich sein können. Wenn die Oma, dann erfreut ausruft »schau mal, das ist ja meine Sandkastenfreundin Lina, die nach Schotten geheiratet hat«, dann wäre es einfach toll, wenn der Mädchenname dieser Dame an die beiden genannten Topothekarinnen und an Volker Lindenstruth (der für Beuern zahlreiche Fotos eingestellt hat) unter der E-Mail-Adresse topothek@buseckertal.de weitergemeldet wird. Zugang zur Topothek unter https://buseck.topothek.de