Corona-Testcenter: Kreis will Gießen als Standort - Heftiger Streit

In Staufenberg wird, anders als von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) angekündigt, kein Coronavirus-Testcenter eingerichtet. Am Montag soll die Entscheidung über den neuen Standort fallen. Zwischen dem Staufenberger Bürgermeister und der KV gibt es nun heftigen Streit.
Staufenbergs Bürgermeister Peter Gefeller ist durchaus ein Freund deutlicher Worte, aber so in Rage wie am Freitagnachmittag erlebt man ihn selten. Die Idee, dass das Coronavirus-Testcenter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen nach Staufenberg umziehen könnte, hatte für Diskussionen gesorgt. Das sei, so Gefeller, nun vom Tisch: »Wir hätten die Stadthalle unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung gestellt«, sagte er, »aber das Thema ist jetzt erledigt, das wird bei uns nicht stattfinden«. Weitere Verhandlungen mit der KV werde es seinerseits nicht geben. Die KV sei aktuell in Sachen Krisenmanagement schlecht aufgestellt.
Hintergrund des nun entbrannten Streits ist die Ankündigung der KV, das regionale Testcenter von Lich voraussichtlich nach Staufenberg zu verlegen. Wie in der gestrigen Ausgabe berichtet, hatte KV-Sprecher Karl Roth am Donnerstag angekündigt, der Betrieb in Staufenberg könne vielleicht schon am kommenden Montag beginnen.
Coronavirus-Testcenter: KV kritisiert »spanische Verhältnisse«
Laut Gefeller war indes noch nichts unterschrieben, es gebe auch keinen Magistratsbeschluss. Die KV habe den vermeintlichen Umzug nach Staufenberg ohne vorherige Absprache mit Landkreis oder Stadtverwaltung vermeldet, kritisiert der Bürgermeister.
Am Freitag erhob die KV dann in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe gegen Gefeller, von »spanischen Verhältnissen in Staufenberg« war die Rede. Angesichts der weltweiten Pandemie und der geforderten Zunahme an Tests sei es »unglaublich, wie sich ein Kommunalpolitiker aus dem Gießener Bereich aktuell aufführt«. Man habe in Staufenberg den Ernst der Lage anscheinend nicht erkannt und versuche nun, »sich zu Lasten der KV zu profilieren«.
Den bisherigen Standort beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst an der Licher Asklepios-Klinik habe die KV »aufgrund massiver Kritik und mangelnder Unterstützung« aufgeben müssen. Die Suche nach einem neuen Standort im Kreis sei »zu einem Possenspiel geraten«, heißt es in der Mitteilung, und weiter: »Nacheinander wurden uns ein ehemaliges Asylantenheim, eine Stadthalle und schließlich eine Sporthalle angeboten, bis sich massiver Widerstand seitens von Bürgermeister Gefeller und, wir müssen es leider sagen, offenbar auch seitens der Bürgerinnen und Bürger, formierte.« Von diesem Verhalten sei die KV »menschlich zutiefst enttäuscht«. Abschließend erhebt die KV auch Vorwürfe gegen den Kreis: »In keinem anderen hessischen Landkreis gab es vergleichbare Probleme, war die Kommunalpolitik derart unkooperativ wie in Gießen und Umgebung. Es wird Zeit, dass die Landesregierung endlich durchgreift!«
Coronavirus-Testcenter: Bürgermeister kontert Kritik
Gefeller kontert die Vorwürfe mit deutlichen Worten: Keineswegs wolle er sich profilieren. Die Darstellung der KV sei »schwach und falsch«. Der Kreis habe helfen wollen und der KV Objekte für ein Testzentrum vorgeschlagen. Am derzeitigen Standort herrschten »unsägliche Zustände«, dafür sei die KV verantwortlich.
Die KV hat laut Gefeller die Staufenberger Stadthalle favorisiert. Und man sei bereit gewesen, die Halle grundsätzlich kostenfrei zur Verfügung zu stellen Mit einer Bedingung: Die KV müsse einen Sicherheitsdienst beauftragen, um Kontakt von womöglich Infizierten zu Kunden angrenzender Einkaufsmärkte zu verhindern. Dies habe die KV aber abgelehnt.
Das Interesse der KV, so Gefeller, bestehe »ganz offensichtlich einzig darin, dass durch die Einrichtung von Coronavirus-Testcentern möglichst keine Kosten für die KV Hessen ausgelöst werden«. Auf die Zusendung eines Vertragsentwurfs habe die KV nicht reagiert. Sie wolle nun wohl von eigenen Fehlern ablenken. Keineswegs habe die Kommune verhindert, dass künftig in Staufenberg Tests durchgeführt werden.
Auch bei Hausärzten hatte - wie berichtet - das Vorgehen der KV zuletzt für Kritik gesorgt. Man fühle sich aktuell allein gelassen, es mangle an Kooperation und Schutzausrüstung, hieß es vom Gesundheitsnetz Gießener Hausärzte.
Zusatzinfo: Gießen als Wunsch-Standort
Beim Landkreis Gießen geht die Suche nach einem neuen Standort für das Testcenter weiter: Landrätin Anita Schneider teilte am Freitag mit, man führe mit der KV weiter »konstruktive Gespräche, um dieser einen neuen Standort für ein Corona-Testcenter vorschlagen zu können«. Ergebnisse werde es am Montag geben.
Grundsätzlich sei Gießen der geeignete Standort für ein Testzentrum. Gemeinsam mit der Stadt würden nun Standorte an verschiedenen Hallen geprüft, die Entscheidung liege letztlich aber bei der KV. In den letzten Tagen habe der Kreis mit mehreren Kommunen mögliche Standorte erörtert.
Dazu, so die Landrätin, gehörten »sowohl kreiseigene Hallen als auch die Stadthalle der Stadt Staufenberg, die kurzfristig ihre Bereitschaft zur Hilfe im Sinne aller Kreiskommunen angeboten hatte«. Schneider weiter: »Beide Standorte erwiesen sich letzten Endes aber als nicht durchsetzbar.« Der Landkreis habe keine Grundlage, um Kommunen zu einer Überlassung einer Halle zu verpflichten. (pm/jwr)