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Corona im Kreis Gießen: Lange Wartezeiten für Impfungen - Ab Sonntag Impfen in Bürgerhäusern

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Von: Stefan Schaal

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Am Impfbus im Kreis Gießen heißt es derzeit oft: Geduld bewahren.
Am Impfbus im Kreis Gießen heißt es derzeit oft: Geduld bewahren. © srs

Stundenlange Wartezeiten, Menschen bilden bei Regen und Kälte lange Schlangen vor dem Impfbus. Nun gibt der Landkreis ein neues Angebot bekannt: Ab kommenden Sonntag soll in drei Bürgerhäusern gleichzeitig zum Schutz vor Corona geimpft werden.

Gießen - Der Landkreis Gießen erweitert das Impfangebot: Ab kommenden Sonntag sollen gleichzeitig in jeweils drei Bürgerhäusern des Kreisgebiets Impfungen zum Schutz vor Corona durchgeführt werden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Einzelne Bürgerhäuser sollen dabei immer nur für zwei bis drei Tage am Stück als kurzzeitige Impfenzentren dienen, danach wechselt der Ort wieder. Im Westen, im Osten und im Zentrum des Landkreises soll das Impfen allerdings immer in jeweils einem Bürgerhaus möglich sein.

Corona-Impfungen in Bürgerhäusern im Kreis Gießen: Genaue Planung läuft noch

Wo das Angebot am Sonntag starten soll, hat der Landkreis noch nicht bekanntgegeben. »Das wird gerade ausgetaktet«, sagte Udo Liebich, der für die Organisation des Impfens im Kreis zuständig ist. Bürgerhäuser seien für andere Veranstaltungen bereits gebucht, das mache die Planung kompliziert. »Wir wollen nicht in das öffentliche Leben eingreifen.«

Fest steht laut Liebich indes, dass das neue Angebot in den Kernorten der Städte und Gemeinden eingerichtet werden soll. Die anderen Ortsteile und Dörfer sollen unterdessen vom Impfbus angefahren werden. »Der Impfbus wird in den Kernorten nicht mehr Station machen«. sagte Liebich. Die genauen Orte und Zeiten für das Impfen in den Bürgerhäusern sollen auf der Internetseite corona.lkgi.de veröffentlicht werden. Diese Zeitung wird die Termine ebenfalls bekannt geben.

In den Bürgerhäusern sollen kreisweit in den kommenden Monaten die meisten Impfungen zum Schutz vor Corona stattfinden. 3780 Menschen sollen dort pro Woche die Möglichkeit erhalten, Vakzine verabreicht zu bekommen. Im Impfcenter in der Galerie Neustädter Tor in Gießen, wo ab morgigen Mittwoch priorisiert zunächst bis Ende des Jahres Menschen über 60 Jahren, Schwangere und vorerkrankte Menschen geimpft werden sollen, ist eine Kapazität von 3500 Impfungen pro Woche vorgesehen.

Impfbus im Kreis Gießen: Lange Wartezeiten nicht zufriedenstellend

Die Nachricht über das Impfen in den Bürgerhäusern wurde am Montag im Impfbeirat bekannt. Landrätin Anita Schneider räumte ein, dass lange Menschenschlangen und stundenlange Wartezeiten vor dem Impfbus aktuell nicht zufriedenstellend seien. »Wir hoffen, dass es ab Sonntag besser wird«, sagte sie.

Ziel sei, mit weiteren Angeboten wie dem Impfbus sowie Standorten am Kirchenplatz und an der Sparkasse in Gießen insgesamt 1580 Impfungen pro Tag anzubieten, erklärte Liebich. »Dezentral, mitte unterschiedlichen Angeboten.« Man übersteige die Kapazität des Ende September geschlossenen Impfzentrums in Heuchelheim, die bei täglich 1350 Impfungen gelegen habe. »In der tatsächlichen Nutzung waren es 888 pro Tag.« Das Land habe dem Kreis per Erlass vorgegeben, für eine Kapazität von 966 Impfungen pro Tag zu sorgen. Die Infektiologin Prof. Susanne Herold von der Uniklinik Gießen, die den Impfbeirat berät, betonte: »Wir müssen so viele Impfangebote machen wie es nur geht.«

Bekannt ist, dass Impftermine bei zahlreichen Hausärzten im Kreis bis zum März ausgebucht sind. Man müsse sich beim Impfen durch mobile Teams Gedenken machen, wer zu priorisieren sei, sagte Liebich. In den vergangenen Tagen seien beim Kreis mehrere Anfragen zum mobilen Impfen und Anmeldungen von Schulen eingegangen. »Zum Teil steht in den Listen kein einziger Schüler.« Stattdessen seien es vor allem Lehrer, die sich für eine Auffrischungsimpfung interessieren. »Gleichzeitig haben wir von Kindergärten keine Anmeldung.«

Impfbeirat im Kreis Gießen: In Kitas Corona-Gefahr höher als in Schulen

Die Gesprächsrunde des Impfbeirats mit Expertin Herold machte derweil deutlich, dass beim Boostern das Impfen in Kitas gegenüber Schulen zu bevorzugen sei, wenn man eine Priorisierung setzen wolle. »Schüler führen dreimal pro Woche einen Antigen-Schnelltest durch«, sagte Johanna de Haas, Leiterin des Sachgebiets Infektionsschutz- und Hygiene im Gesundheitsamt. Lehrer würden dadurch zumindest indirekt geschützt. »In Kitas dagegen passiert nichts.« Ein Teil der Schülerschaft könne sich außerdem bereits impfen. »In Kindergärten ist die Gefahr, sich anzustecken, höher, weil Kinder unter fünf Jahren auf lange Zeit nicht geimpft werden können.«

Beim Besuch durch mobile Impfteams komme Pflegeheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung die höchste Priorität zu, waren sich die Mitglieder im Impfbeirat einig. »Ältere Menschen, die nicht mobil sind, müssen geboostert werden«, fügte Schneider hinzu. Zweitens seien medizinischem Personal sowie Mitarbeitern im Gesundheitsamt sowie auch Kitas und Schulen Priorität einzuräumen. Außerdem seien viertens Einsatzkräfte wie der Feuerwehren und des Katastrophenschutzes zu berücksichtigen.

Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften und obdachlose Menschen seien bei Auffrischungsimpfungen ebenfalls zu priorisieren, sagte Herold, weil der Impfschutz des Vakzins von Johnson & Johnson, der ihnen überwiegend verabreicht worden ist, »nicht so lange hält und angesichts neuer Virusvaranten nicht so gut ist.«

Corona im Kreis Gießen: „Nach der Schließung des Impfzentrums haben wir dortigen Mitarbeitern kündigen müssen“

Herold begrüßt unterdessen, dass im Rahmen des Impfens an Anlaufstellen wie in den Bürgerhäusern auf Prioritätenlisten verzichtet wird. »Das wäre kein gutes Signal und würde außerdem zu Konflikten führen«, sagte die Infektiologin.

Dass die Entscheidung des Landes, die Impfzentren wie in Heuchelheim zu schließen, deutliche Nachteile mit sich bringt, spürt der Landkreis nun auch bei der Suche nach Personal für die Impfangebote, wie die Landrätin berichtete. »Nach der Schließung des Impfzentrums haben wir dortigen Mitarbeitern kündigen müssen.« Diese hätten mittlerweile andere Stellen. »Wir können sie nicht einfach wieder rekrutieren.« Bei der Suche nach Personal stehe man außerdem in Konkurrenz mit anderen Landkreisen.

Herold machte unterdessen auf eine weitere bevorstehende Herausforderung aufmerksam. In wenigen Wochen, voraussichtlich ab Januar, könnten Kinder ab fünf Jahren geimpft werden. Ob die Kinderärzte – wie vom Sozialministerium bisher geplant – dies allein tragen werden können, sei zu bezweifeln. Man diskutiere darüber bereits, ergänzte Liebich. Möglicherweise müsse man Sonderteams bilden, entgegnete Schneider. Die Landrätin ergänzte: »Ich befürchte auch, dass die Kapazitäten der Kinderärzte allein nicht ausreichen werden.« (Stefan Schaal)

In Gießen eröffnet noch in dieser Woche ein neues stationäres Impfzentrum. Der Standort ist landkreisweit bekannt. Bis ins neue Jahr sind die Impfungen in der Einrichtung aber bestimmten Personengruppen vorbehalten.

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