Zuerst kommen Familien

Buseck (siw). Das Interesse an der Info-Veranstaltung zur Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Alten-Buseck hielt sich in Grenzen. Nur die Hälfte der 60 gestellten Stühle im Feuerwehrgerätehaus waren besetzt - zumeist mit Kommunalpolitikern.
Zunächst informierten der Hauptamtliche Kreisbeigeordnete Frank Ide sowie Sandra Karls und Norbert Flach vom Fachdienst Migration des Landkreises Gießen über die Flüchtlingssituation und die Organisation der Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis. Inzwischen abgebaute Container wurden teilweise reaktiviert, in sieben Kommunen zehn Unterkünfte kurzfristig erstellt. In vier weiteren Städten sollen Wohnhäuser entstehen.
Die Zuweisung und Unterbringung im Landkreis ergeben sich normalerweise aus den Aufnahmen der Hessischen Erstaufnahmelagern. In Alten-Buseck verhält es sich jedoch anders. Bei der Inbetriebnahme ab dem nächsten Donnerstag (9. Februar) werde niemand dabei sein, der direkt aus einer Erstaufnahmeeinrichtung kommt. »Es ziehen Familien ein, die bereits in einem Hotel in Alten-Buseck untergekommen sind und deren Kinder hier in die Grundschule gehen«, erklärte Norbert Flach.
Die Sorge eines Besuchers, dass nach dem Wegzug dieser Familien alleinstehende Männer einziehen könnten, konnte Flach nur bedingt ausräumen. »Wir haben grundsätzlich keinen Einfluss darauf, aber wir steuern die Belegung, und die Schulnähe bietet sich geradezu für Familien an.« Er verwies darauf, dass es 2015/2016 eine männliche Flüchtlingswelle gab, während nun überwiegend Frauen und Kinder aus der Ukraine kommen. Bei der anstehenden Erstbelegung handelt es sich indes nicht nur um Geflüchtete aus der Ukraine, sondern um Familien verschiedener Nationalitäten, die sich schon kennen.
Schule offen für Zusammenarbeit
Die Gemeinschaftsunterkunft besteht aus Vier-Bett-Zimmern, die maximale Aufnahmekapazität beträgt 30 Personen. Da dem Zimmer einer dreiköpfigen Familie keine fremde Person zugeteilt wird, bleibt ein Bett unbelegt. Bei einer fünfköpfigen Familie wären es sogar drei Betten, die frei blieben. Eine maximale Auslastung ist deshalb nicht zu erwarten. Die dann freiwerdenden Plätze im Hotel werden bei Bedarf wieder genutzt.
Das Regierungspräsidium Gießen hat laut Bürgermeister Michael Ranft einen Auftrag erhalten, weitere 1000 Belegplätze zu erschließen. Bisher habe es der Landkreis geschafft, auf Massenunterkünfte etwa in Sporthallen zu verzichten. Dass sich der Landkreis kümmert, sei nicht selbstverständlich. »Andernorts sind die Kommunen zuständig. Die Situation ist für alle eine riesengroße Herausforderung«, erklärte Ranft.
Leticia Gobet (ZAUG), seit Oktober 2020 Koordinatorin für Gemeinwesenarbeit der Gemeinde Buseck, informierte über die Aktivitäten der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe. Konkret für Alten-Buseck wären Angebote für Kinder, Sprachkurse und Hilfestellungen im Alltag nützlich. Andreas Geck erinnerte an 2015, als in Großen-Buseck die große Leichtbauhalle stand. Damals haben sich spontan 70 bis 80 Ehrenamtliche eingebracht. Der Bürgermeister lobte das Engagement, das zu Beginn des Ukrainekrieges anlief. Schon da wurden Sachspenden nur nach Anmeldung und bei Bedarf angenommen, um später Sperrmüll zu vermeiden. So soll es auch in Alten-Buseck sein. Die GU sei vollständig und zweckmäßig eingerichtet, wenn auch nicht wirklich gemütlich.
»Es ist ein großer Vorteil, dass bei Ihnen schon Gemeinwesenarbeit stattfindet und nicht erst aufgebaut werden muss«, sagte Ide. Er appellierte an die Anwesenden: »Treten Sie den Menschen offen gegenüber. Die Mehrzahl weiß, dass es Regeln gibt, an die man sich halten muss.«
Ranft vermisste die Frage, »warum gerade in Alten-Buseck?« Seine Antwort: »Wir haben keine andere Fläche, die innerorts liegt.« In der Großgemeinde Buseck sind derzeit 90 Migranten untergebracht, in dem auf die Einwohnerzahl bezogenen vergleichbaren Wettenberg sind es 195. In einer Bürgermeister-Dienstversammlung wurden zwei Prozent der Einwohnerzahl als Richtlinie für eine möglichst gleichmäßige Verteilung beschlossen.
Der »Rote Platz«, auf dem die Unterkunft steht, kann weiterhin zu einem nicht unerheblichen Teil als Bolzplatz und für Ballspiele sowie den Schulsport genutzt werden. Dagmar Techert, Rektorin der gegenüberliegenden Hofburgschule, zeigte sich offen für eine Kooperation mit der Flüchtlingshilfe. Der Bestand der GU ist für fünf Jahre vorgesehen. Ein Austausch für Ehrenamtliche ist für den 23. Februar geplant, Ort und Zeit stehen noch nicht fest.