Trotz Tapferkeitsmedaille ins Vernichtungslager
»Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben.« Eine Losung, die zu einer tragischen Illusion auch für die Juden des Busecker Tals führte. Darüber informiert eine Ausstellung in der alten Synagoge am Anger 10 in Großen-Buseck. »Alle Hessen sind vor dem Gesetz gleich« – so ließ es Großherzog Ludwig II. von Hessen-Darmstadt bereits 1820 in die Verfassung schreiben. Noch Jahrzehnte später sah die Realität anders aus. Vorbehalte und Diskriminierung blieben. Um sich als gute Patrioten zu beweisen, zogen Juden deshalb begeistert in den Ersten Weltkrieg.
»Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben.« Eine Losung, die zu einer tragischen Illusion auch für die Juden des Busecker Tals führte. Darüber informiert eine Ausstellung in der alten Synagoge am Anger 10 in Großen-Buseck. »Alle Hessen sind vor dem Gesetz gleich« – so ließ es Großherzog Ludwig II. von Hessen-Darmstadt bereits 1820 in die Verfassung schreiben. Noch Jahrzehnte später sah die Realität anders aus. Vorbehalte und Diskriminierung blieben. Um sich als gute Patrioten zu beweisen, zogen Juden deshalb begeistert in den Ersten Weltkrieg.
Gegen Rechtsruck
Die jüdischen Männer glaubten, mit der Teilnahme an der Verteidigung des Vaterslandes eine Gleichstellung mit den christlichen Soldaten zu bewirken. Der Satz von Kaiser Wilhelm II. »Ich kenne keine Partei, ich kenne keine Religion, ich kenne nur Deutsche« ermutigte sie noch dazu. Für ihre Tapferkeit vor dem Feind wurde vielen jüdischen Soldaten das Eiserne Kreuz an die Brust geheftet. Doch auch das schützte sie später nicht vor nationalsozialistischer Verfolgung und Deportation in die Vernichtungslager. Die Hoffnungen, als rundum gleichberechtigte Bürger in Deutschland leben zu können, hatten sich zerschlagen.
All dies traf auch auf die Familie von Bernhard Berlin zu, der mit seiner Frau Frieda Freimark und den beiden Kindern in der Kaiserstraße 24 in Großen-Buseck lebte. Schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er Soldat. Der Gießener Anzeiger berichtete am 1. September 1916 von seinen militärischen Erfolgen: »Dem Landsturmmann Berlin, vom Reserve-Infanterie-Regiment 223, der vor Kurzem zum Gefreiten befördert worden war, wurde das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen.« 1935 erhielt er das Ehrenkreuz als Auszeichnung für die Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges.
In der Kaiserstraße 24 führte er nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ein Geschäft für Manufakturwaren und Nähmaschinen und beschäftigte Dienstpersonal. Doch seine absolute Loyalität und der Einsatz im Ersten Weltkrieg bewahrten auch ihn nicht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. In der Pogromnacht 1938 wurde sein Geschäft verwüstet. Er flüchtete nach Frankfurt, von wo aus die Familie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde. Nur die älteste Tochter Fanny überlebte.
Martha Kuhl-Greif, Hannelore Buchtaleck und Monika Beutelspacher vom Freundeskreises »Anger 10« haben die Geschichten zu zehn jüdischen Familien zusammengetragen. Das Gemeindearchiv, der Heimatkundliche Arbeitskreis Buseck und die Bücher von Hanno Müller (Steinbach) mit den Fußnoten, die zu weiterer diesbezüglicher Literatur führen, bildeten die Grundlage für die intensive monatelange Recherche. Für jede Familie gestalteten sie ein Plakat. Die Texte ergänzten sie mit Fotos von Familienangehörigen, den ehemaligen Wohnhäusern, Feldpostbriefen und Zeitungsausschnitten. Der Name der Ausstellung basiert auf einen Roman von Avi Primor, ehemals Israels Botschafter in Brüssel, Bonn und Berlin.
»Die Arbeit des Freundeskreises ›Anger 10‹ ist mir sehr wichtig, um dem erstarkten Rechtsruck in Deutschland, der einhergeht mit zunehmender Judenfeindlichkeit, entschlossen entgegenzutreten,« betonte Bürgermeister Dirk Haas, zugleich Vorsitzender seit Vereinsgründung.
Die Ausstellung in der ehemaligen Synagoge konnte bereits am »Tag des Denkmals« besichtigt werden. Erneut besteht dazu die Möglichkeit an den Donnerstagen 20. und 27. September in der Zeit von 16 bis 18 Uhr oder auf Anfrage unter Tel. 0 64 08/12 49 bzw. 0 64 08/91 11 71.