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Geldautomaten-Aus im Kreis Gießen: Entscheidung stößt auf Verständnis

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Von: Patrick Dehnhardt

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Der Geldautomat in Beuern ist Geschichte. Doch nicht etwa der wirtschaftliche, sondern der kriminelle Druck hat für das Aus gesorgt.

Buseck - Der Volksbankkubus hängt noch an der Wand des Gebäudes, das bis vor einigen Jahren die Filiale der Volksbank Mittelhessen war. 2019 wurde dort der Schalterbetrieb eingestellt. Nun ist auch das Aus für den Geldautomaten vollzogen.

Doch nicht etwa der wirtschaftliche Druck sorgte dafür, dass er abgebaut wurde, sondern die Angst vor Kriminellen. Die Reihe der Automatensprengungen der vergangenen Jahre ist lang. In Lang-Göns, Großen-Buseck, Alten-Buseck und Hungen - um nur einige zu nennen - verursachten die Banden enorme Schäden. Fensterfronten gingen zu Bruch, Glassplitter flogen über Straßen hinweg, Wände bekamen Risse. In Hungen wurden im vergangenen Frühjahr bei der Sprengung der Geldautomaten gleich zwei Nachbargebäude enorm beschädigt. Aktuell werden diese repariert.

Kein Geldautomat mehr in Beuern: Nachbarn bereits länger in Sorge

In Beuern waren die Nachbarn der ehemaligen Bankfiliale darum schon lange Zeit in Sorge, ob es auch sie treffen würde. Die Bank hatte das Gebäude vor einigen Jahren verkauft, der Platz für den Geldautomaten war angemietet. Als der Vertrag nun auslief, verzichtete der Vermieter aufgrund der Sicherheitsbedenken auf eine Verlängerung. Zu groß war ihm das Risiko für Gebäude und Leben geworden.

Beuerns Ortsvorsteher Jörg Lindenstruth hat dafür Verständnis: »Könnten Sie beruhigt neben einem Geldautomaten wohnen?«, fragt er. Klar: »Jede Infrastruktur, die verloren geht, ist bedauerlich.« Bislang habe er in Beuern allerdings fast nur Verständnis für die Entscheidung gehört, kritische Stimmen sind Einzelfälle. Auch im Ortsbeirat sorgte das Geldautomaten-Aus für keine langen Diskussionen. »Wo will man in Beuern denn auch noch viel Bargeld ausgeben?«, soll es ein Gremiumsmitglied auf den Punkt gebracht haben.

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Das Loch in der Hauswand für den Geldautomaten ist bereits zugemauert. © Patrick Dehnhardt

Mit zwei Bäckern und einer Metzgerei ist die Infrastruktur vor Ort zwar nicht schlecht. Aber für den Wocheneinkauf muss man sowieso nach Buseck fahren. Auch eine Lösung wie in Oberkleen, wo man nach dem Abbau des Geldautomaten im »Nahkauf« Geld abheben kann, sei in Beuern nicht möglich. Dafür sammele sich nicht genügend Bargeld an.

Es ist das Ende einer langen Banktradition im Dorf. Am 23. Februar 1872 ist der Spar-, Kredit- und Vorschußverein gegründet worden. Sein Zweck war laut Chronik, »einem Teil der Bewohner nach Möglichkeit Gelegenheit zu geben, sichere und zinstragende Geldvorräte auszuleihen und denjenigen, welche Kapitalien aufzunehmen wünschen, die Möglichkeit zu verschaffen, ihren Bedürfnissen, ohne Zuflucht zu Wucherern zu nehmen, abzuhelfen«.

Kein Geldautomat mehr in Beuern: Ende einer langen Geschichte

1965 bezog man - damals als »Beuerner Bank« - den Sitz an der Ecke Bersröder Weg/Untergasse. 1970 lehnte die Generalversammlung noch die Fusion mit einer größeren Bank ab. Ab 1975 trug man den Namen »Beuerner Bank eG Buseck«, vier Jahre später wurde eine Filiale in Climbach eröffnet. 1986 wurde schließlich der Druck durch Gesetzesänderungen und Eigenkapitalbildung so groß, dass man eine Fusion mit der Volksbank Gießen einging.

Dass Kriminelle auch um Beuern keinen Bogen machen, bewies bereits der 2. Juli 2007. Damals waren zwei maskierte Täter bewaffnet in die Bank gestürmt. »Einer von ihnen forderte die Angestellte auf, Bargeld in eine Plastiktüte zu füllen. Die Frau übergab 10 000 Euro«, schrieb der damalige Polizeireporter Horst Lemper. »Der zweite Täter bedrohte derweil zwei Kunden mit einer Pistole.«

Ein Komplize wartete draußen im Fluchtwagen, der BMW brauste davon. Ein Zeuge hatte nach einem waghalsigen Wendemanöver in einer Stichstraße allerdings der Polizei ein Kennzeichen mitgeteilt, die zählte eins und eins zusammen. Dabei das Pech der Kriminellen: Das hintere Kennzeichen hatten sie abgeschraubt, was beim vorderen jedoch nicht möglich war. Der Trick, es mit Matsch zuzuschmieren, löste sich im Beuerner Regen auf. In Göttingen wurde das Trio nur dreieinhalb Stunden nach dem Überfall von einer Zivilstreife der Polizei gefasst.

Seit 2019 waren keine Banküberfälle mehr möglich, da die Filiale geschlossen wurde. Nun ist auch das Risiko einer Geldautomatensprengung gebannt. (pad)

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