1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Buseck

»Die Zukunft der Kirche kann nur ökumenisch sein«

Erstellt:

Von: Siglinde Wagner

Kommentare

Buseck (siw). »Die Zukunft der Kirche - ökumenisch?!« - einen Vortrag zu diesem Thema hielt Pfarrer Martin Bräuer (Konfessionskundliches Institut, Bensheim). Werden am Ende der Veranstaltung mehr Frage- oder mehr Ausrufezeichen stehen? Diese rein rhetorische Frage stellte »Hausherr« Pfarrer Jürgen Kuhn den 30 Interessierten, die in den evangelischen Gemeindesaal in Großen-Buseck gekommen waren.

Vorweg: Bräuer setzte deutliche Ausrufezeichen. Er sagte: »Die Zukunft der Kirche kann nur ökumenisch sein! Anders ist es nicht mehr glaubwürdig! Dennoch schränkte er ein: »Wer von Zukunft spricht, läuft Gefahr, sich zu irren. Auch ich bin kein Prophet.«

Er sprach von zwei Dimensionen, die man in den Blick nehmen muss. Auf der einen Seite die geistliche Dimension, der Glaube. Auf der anderen die Veränderungen der Strukturen und Voraussetzungen, »Kirche« zu sein. Beides gehöre zusammen. Um Glauben zu leben, bedürfe es Menschen, Zeit und Orten als den äußeren Rahmen. Allein durch den finanziellen Druck müssten die ökumenischen Beziehungen intensiviert und ganz pragmatisch gesehen Doppelstrukturen abgebaut werden. Aufgrund der fehlenden Personalressourcen und Gebäude werde inzwischen Ökumene schon viel selbstverständlicher gelebt, erläuterte der Referent.

Übergreifende Arbeit längst Praxis

Breiten Raum nahm die Diskussion zu Unterrichtsmodellen in Schulen ein. Pfarrer i. R. Bernd Apel schlug einen gemeinsamen christlichen Firm- und Konfirmationsunterricht vor. Besonders in Schulen mit hohem Migrationsanteil wäre Ethik-Unterricht angebracht. »Man sollte Kenntnis von der anderen Seite haben, aber auch im eigenen Glauben auskunftsfähig sein«, so unterstrich Bräuer.

Ein Bestehen auf den »wahren Glauben« und eine »Abwerbung«, wie sie früher durchaus stattgefunden und zu Feindschaften und Verwerfungen geführt habe, gebe es heute nicht mehr. Der jeweilige Glaube in seiner historischen Form müsse nicht als Gegensatz angesehen werden. Längst sei eine Annäherung zumindest an der Basis erfolgt.

In Großen-Buseck beispielsweise werden mehrmals im Jahr ökumenische Gottesdienste abgehalten, monatlich findet ein ökumenischer Gesprächskreis statt, Hilfsorganisationen arbeiten konfessionsübergreifend. »Wir sind eine christliche Kirche in getrennten Organisationen. Uns verbindet die Taufe und die Heilige Schrift als die gemeinsame Quelle des Glaubens und noch vieles mehr. Eigentlich ist es ein Skandal, dass wir noch in verschiedenen Welten leben und uns nur in Teilen anerkennen«, sagte Bräuer. Eine gute Ökumene müsse sich gegenseitig tragen.

Den Grundstein zur ökumenischen Woche in Großen-Buseck hatten die befreundeten Pfarrer Paulfried Spies und Michael Karg (beide evangelische Kirchengemeinde) und der damalige katholische Pfarrer Heinz Schmidt bereits im Januar 1984 mit einer ökumenischen Bibelwoche gelegt.

Auch interessant

Kommentare