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Betrug in Buseck: Erneute Anzeige gegen ehemaligen Mitarbeiter der Gemeinde

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Von: Jonas Wissner

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Der mehrfache Betrug durch einen Ex-Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung im Busecker Schloss wird weiter aufgearbeitet. ARCHIVFOTO: KME
Der mehrfache Betrug durch einen Ex-Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung im Busecker Schloss wird weiter aufgearbeitet. ARCHIVFOTO: KME © Red

Der Betrug eines Mitarbeiters der Gemeinde Buseck (Kreis Gießen) geht tiefer als zunächst angenommen. Immer mehr Fälle kommen ans Licht.

Buseck – Kurz nach der Verurteilung eines Ex-Mitarbeiters der Busecker Gemeindeverwaltung wegen zwölf Betrugsfällen hat die Verwaltung nun Anzeige wegen zusätzlicher Verdachtsfälle erstattet. Bürgermeister Michael Ranft will nach Möglichkeit weitere zivilrechtliche Ansprüche geltend machen.

Gerade einmal drei Wochen ist es her, dass ein früherer Mitarbeiter der Busecker Gemeindeverwaltung im Gießener Amtsgericht auf der Anklagebank saß. Am Ende des Vormittags stand ein Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Betrugs in zwölf Fällen, teils in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Der Angeklagte wurde zu einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt, muss zudem 100 Sozialstunden leisten. Sein Mandant habe »von Anfang an mit offenen Karten gespielt«, hatte Verteidiger Carsten Marx dem Angeklagten zugutegehalten - und damit für Unmutsbekundungen im Zuschauerraum gesorgt, was wiederum die Vorsitzende Richterin rügte.

Weitere Fälle im Betrugsskandal in Buseck (Kreis Gießen) entdeckt

Laut Busecks Bürgermeister ist die Behauptung des Ex-Mitarbeiters, er habe alle Taten eingeräumt, nicht mehr zu halten: Man habe nun weitere Fälle entdeckt, informierte Verwaltungschef Michael Ranft am Donnerstag die Gemeindevertreter. Nun konkretisiert er diese Aussage auf GAZ-Anfrage.

Von wie vielen weiteren Betrugsfällen und welchen Schadenssummen die Verwaltung ausgeht, verrät Ranft nicht - es seien jedenfalls »nicht nur ein oder zwei«, sondern »eine Vielzahl«. In einem Fall nehme er an, dass die Tat dem Ex-Mitarbeiter auch strafrechtlich nachzuweisen sein dürfte, man habe daher vor Kurzem namentlich Strafanzeige gegen ihn erstatten lassen.

In weiteren Fällen, so Ranft, sei die Anzeige, ebenfalls durch einen beauftragten Gießener Strafverteidiger gestellt, demnach gegen »Unbekannt« ergangen. Ob dies für eine erneute Anklage reiche, müsse nun die Staatsanwaltschaft klären. Der Bürgermeister betont, dass es - wie auch bislang - »keine Verdachtsmomente gegen andere Mitarbeiter« gebe. Ranft: »Es war nur ein Mitarbeiter, der alle in ein schlechtes Licht gerückt hat.«

Betrug: Weitere Anzeigen gegen Mitarbeiter der Gemeinde Buseck (Kreis Gießen)

Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger, Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft, bestätigt auf Anfrage den Eingang »einer weiteren Strafanzeige der Gemeinde Buseck gegen einen ehemaligen Verwaltungsfachangestellten«. Die in der Anzeige unterbreiteten Vorwürfe des gewerbsmäßigen Betruges, der Untreue sowie der Urkundenfälschung würden von der Staatsanwaltschaft geprüft, so Hauburger.

Sollte es zu einem erneuten Strafverfahren kommen, strebe er an, dass die Gemeindeverwaltung sich daran beteiligt, sagt Ranft. Denkbar sei für diesen Fall ein Adhäsionsverfahren, in dem zivilrechtliche Ansprüche auch in einem Strafverfahren geltend gemacht werden können.

Dass es noch weitere unentdeckte Fälle geben könnte, will Ranft nicht ausschließen. Die Gemeindeverwaltung ist ihm zufolge mit ihren personellen Ressourcen aber am Ende angelangt. Nun etwa eine Wirtschaftsprüfungskanzlei mit der weiteren Suche zu beauftragen, wäre aus Ranfts Sicht finanziell gesehen nicht verhältnismäßig.

Buseck: Ranft kritisiert Ermittlungen im Betrugsfall

Jetzt sei es Sache der Staatsanwaltschaft, auf Basis der Anzeigen weiterzuermitteln. Von deren bisherigen Ermittlungen zu den Betrugsfällen zeigt sich Ranft, der selbst Jurist ist, überrascht. »Weder die Staatsanwaltschaft noch die Polizei waren je hier im Haus. Es wurden keine Akten durchsucht, keine Laptops sichergestellt«, so Ranft verwundert. »Es ist nichts passiert, was ich aus meiner Praxis als Anwalt in so einem Fall kenne.« Dass nicht intensiver ermittelt worden sei, könne er sich nicht erklären.

»Die Staatsanwaltschaft hat sämtliche zur Beweisführung notwendigen Ermittlungen unternommen, was durch die Verurteilung des Angeklagten belegt wird«, hält Hauburger dagegen. Bereits im Oktober 2020 war der Ex-Mitarbeiter im Wege des Strafbefehls wegen Betruges zu einer Geldstrafe in Höhe von 5400 Euro verurteilt worden. Die kürzlich vor Gericht aufgearbeiteten Fälle beziehen sich auf eine Schadenssumme von knapp 47 000 Euro, deren Rückzahlung in Raten die Gemeinde und der Ex-Mitarbeiter im Frühjahr 2021 vereinbart hatten.

Bürgermeister von Buseck: »Ich hätte das Kapitel gerne beendet«

Wie kam es nun dazu, dass laut Ranft weitere Fälle aufgetaucht sind? Er habe zu Beginn seiner Amtszeit im Januar veranlasst, noch einmal zu prüfen, so der Bürgermeister. Man habe zunächst stichprobenartig »im Trüben gefischt« und dabei geschaut, wo sich ein System erkennen lasse. Dies habe bis vor Kurzem angedauert, dann habe man sich noch mit dem beauftragten Anwalt besprochen. Alle Schritte in dieser Sache seien in Absprache mit dem Gemeindevorstand angegangen worden, unterstreicht Ranft.

Am Donnerstag habe er in der Gemeindevertretersitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit über »verschiedene Blöcke« neu entdeckter Fälle berichtet, so Ranft im Nachgang. Wie bewertet er die neue Lage politisch? »Ich finde es bedauerlich, dass wir Weiteres gefunden haben«, sagt der Bürgermeister, »ich hätte das Kapitel gerne beendet.« Nach wie vor sei die Situation für Mitarbeiter der Verwaltung »emotional aufreibend«. (Jonas Wissner)

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