Tüftler und Freiheitsliebhaber

Der 77 Jahre alte Erich Bock aus Fellingshausen werkelt und repariert in seiner Freizeit gerne an alten Motorrädern. Auch im Rahmen von Aktionen der Lebenshilfe setzt er regelmäßig sein Hobby und sein Talent für das Tüfteln an Oldtimern ehrenamtlich ein.
Ein Paket hat Erich Bock heute erreicht. Ersatzteile befinden sich darin. »Für eine Ducati«, sagt er. Er repariere ein Motorrad eines verstorbenen Bekannten, der lange an der Maschine gewerkelt, gebaut und ausgebessert hat. »Die Erben haben mich gebeten, seine Arbeit fertigzustellen.«
Der 77 Jahre alte Bock aus Fellingshausen ist ein Tüftler. Einer, der an Motorrädern gerne schraubt, bastelt, wieder auf Vordermann bringt und fast wie neu erscheinen lässt. Auch der Lebenshilfe ist das Talent des Ruheständlers bekannt, der bis 2008 ein Ingenieurbüro für Elektrotechnik im Vogelsberg geführt hat. Im Rahmen der regelmäßigen Oldtimer-Spendenaktionen nimmt er für die Lebenshilfe ehrenamtlich die bereitgestellten Motorräder unter die Lupe und schaut, ob man an ihnen noch etwas reparieren muss. Kommende Woche wird er am Samstag außerdem erneut Motorrad fahrend an der inklusiven Oldtimer-Rallye der Lebenshilfe teilnehmen, in seinem Seitenwagen werden ihn dann wieder Menschen mit Behinderung begleiten können.
An Motorrädern werkelt Bock allerdings nicht um des Tüftelns willen. »Es ist die Freiheit, wenn man mit dem Motorrad unterwegs ist«, erklärt er sein Hobby. »Man genießt die Natur.« An Sommertagen spüre man sofort die Hitze. Fahre man dann durch ein Waldgebiet, fühle man die Frische und die Natur. »Im Auto mache ich an einem heißen Tag dagegen die Klimaanlage an und nehme die Natur nicht wirklich wahr.«
Sei er mit seiner Frau oder Freunden auf dem Motorrad unterwegs, »fahren wir übrigens auch keine Bundes- oder Landesstraßen«, erzählt Bock. »Sonst kann ich mich auch ins Auto setzen«, fügt er hinzu. »Wir passieren gerne die Dörfer, das Hinterland, das Gebirge«
Bock steht in seiner Garage in Fellingshausen vor einem schwarzen Schmuckstück mit roter Polsterung, während er von seinem Hobby erzählt. Es ist ein Oldtimer, Baujahr 1953, aus hessischer Produktion, hergestellt bei den Adlerwerken in Frankfurt. An der Maschine M 250 ist ein Seitenwagen, einst in Oberursel bei KALI produziert, befestigt. Bock deutet auf eine Besonderheit des Motorrads auf dem vorderen Kotflügel: ein Werbeschild, das aufzeigt, wo die Maschine Anfang der 50er Jahre gekauft worden ist. »Kraftfahrzeuge Karl Häuser, Watzenborn-Steinberg« ist dort zu lesen.
2007 ist die Adler M 250 in seinen Besitz gelangt, er hat es danach komplett restauriert und fährt es beinahe täglich. »Unter anderem habe ich den Motor grundsaniert und die Kurbelwelle erneuert«, erzählt er. »Bei schönem Wetter fahren wir damit mittags zum Essen öfter nach Gießen in die Innenstadt bis zum Kirchenplatz, meine Frau sitzt dann im Beiwagen«, erzählt Bock. Hin und wieder unternehme er mit der Maschine auch kleine Ausflüge mit dem Enkel. »Seit 2007«, sagt Bock, »bin ich mit dem Motorrad 19 000 Kilometer gefahren.«
In seiner Garage stehen weitere Motorräder, an denen Bock gewerkelt hat, eine Maschine hat er mit Teilen dreier Motorräder zusammengebaut, sie ist quasi eine Eigenkonstruktion.
Dass es sich überwiegend um Maschinen der Marke Adler handelt, sei eher Zufall, sagt Bock. Es seien eben schöne Motorräder.
Im Urlaub steigt Bock allerdings auf ein modernes Motorrad. »Wenn sie über 300 Kilometer auf einem Oldtimer sitzen, sind Sie am Ende tot«, sagt er schmunzelnd, komfortabel seien Oldtimer freilich nicht.
Kürzlich war der Biebertaler mit Freunden für zehn Tage in Sardinien unterwegs, das Motorrad hat er auf die Mittelmeerinsel bringen lassen. Bei den Touren auch hierzulande verzichtet er auf einen Navi. »Wir fahren nur nach der Straßenkarte, nehmen die schönen, grün hinterlegten Straßen.« Seltener am Nachmittag oder am Wochenende, ergänzt er. »Gerne am Montag- oder Dienstagmorgen. Wenn außer uns kein Mensch unterwegs ist.«