Trauer um Helga Lopez

Biebertal (so). Vor 25 Jahren saß sie als hauptamtliche erste Beigeordnete in ihrem Dienstzimmer im Biebertaler Rathaus, und das Wasser tropfte von der Decke auf ihren Schreibtisch. Das Flachdach des Betonbaues aus den frühen 1970ern war undicht. Doch sie hielt durch. Und nur wenige Jahre später wechselte sie das Büro, bezog das Chefzimmer als Bürgermeisterin.
Um in Folge, neben vielen anderen von ihr angeschobenen Projekten, das Rathaus zu sanieren.
Helga Lopez aus Rodheim-Bieber startete politisch in ihrer Heimatgemeinde durch. Die gelernte Finanzbeamtin wurde die erste Bürgermeisterin in Biebertal, setzte sich im zweiten Anlauf bei der Direktwahl im November 1999 gegen ihren damaligen Chef, Amtsinhaber Günter Leicht, durch. Die acht Jahre zuvor, seit 1992, war die Sozialdemokratin hauptamtliche erste Beigeordnete. Davor leitete sie die SPD-Fraktion in der Gemeindevertretung. Von 1988 bis 1993 gehörte Lopez dem Gießener Kreistag an, entschied dann aber, sich auf die Arbeit in der Kommune zu konzentrieren. In die Zeit ihres Wirkens in Biebertal fielen neben vielem anderen das Schaffen einer hauptamtlichen Jugendpflege und die Arbeit am Ausbau der Kinderbetreuung. In trauriger Erinnerung das »Katastrophenjahr« 2001: Erst Alarm wegen Maul- und Klauenseuche, dann der Mord an einem kleinen Mädchen, Julia Hose, der die Gemeinde erschütterte.
Unvergessen ist Helga Lopez’ großes menschliches Engagement in den Wochen und Monaten nach der grausamen Tat. Da leistete sie als Bürgermeisterin im akuten Krisenmanagement und in der Folge in der Aufarbeitung des schrecklichen Ereignisses in den Biebertal-Dörfern wahrlich Großes. Mit Fingerspitzengefühl und einem hohen Maß an Empathie ging Lopez mit der Ausnahmesituation um, die ihr Heimatdorf Rodheim-Bieber verändert hatte.
In Anerkennung ihrer Verdienste wurde sie 2006 zur Ehrenbürgermeisterin ernannt.
2005 der zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch nicht geplante Wechsel in die Bundespolitik, als die Gewerkschafterin Erika Lotz nicht mehr für den Wahlkreis Lahn-Dill kandidieren wollte. Helga Lopez bewarb sich als Kandidatin für den Deutschen Bundestag - und gewann im ersten Anlauf das Direktmandat im Wahlkreis Lahn-Dill, zu dem auch Biebertal gehört. In Berlin engagierte sich die Fachfrau für Finanzen in den Bereichen Jugend- und Familienpolitik, Soziales und Finanzen. Denn das waren die Felder, die der ausgewiesenen Linken auch in Biebertal, auf der kommunalen Ebene, am Herzen lagen.
Doch in Berlin war Lopez das Glück nicht lange hold. Nur eine Wahlperiode, 2005 bis 2009, gehörte sie dem Bundestag an. Im Winter 2008/09, wenige Wochen, bevor sie von ihrer Partei, der SPD, wieder als Wahlkreiskandidatin nominiert werden wollte, da wurde Lopez von einer unschönen Geschichte eingeholt: Steuerhinterziehung lautete das Schlagwort in der »Bild«. Ausgerechnet bei einer früheren Finanzbeamtin, einer Ex-Steuerfahnderin. Die Angelegenheit war zwar zu diesem Zeitpunkt längst juristisch bereinigt. Lopez hatte bereits Monate zuvor die Steuer nachgezahlt und eine Geldstrafe obendrein akzeptiert. Doch nach anhaltender Kritik auch vom rechten Flügel ihrer Partei zog sie ihre Konsequenzen: Auf eine erneute Kandidatur für Berlin verzichtete die ansonsten resolute und in der Sache gerne streitbare Sozialdemokratin.
Sie zog sich daraufhin weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück und verbrachte die letzten Jahre wechselweise in ihrem Domizil in Spanien und im heimischen Rodheim. Helga Lopez starb am 12. Juni im Alter von 69 Jahren. FOTO P;