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Kirchendach ist wieder dicht

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Von: Volker Mattern

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ik_Kirchendach_Fellingsh_4c_1 © Volker Mattern

Biebertal (m). Man blickt bei Pfarrer Daniel Schweizer und Kirchenvorsteher Peter Wagner inzwischen in zufriedene und entspannte Gesichter. Das war nicht immer so. Vor allem im Sommer 2021 kamen die beiden schon mal ins Schwitzen. Da war die Kirche eingerüstet, inklusive des 32 Meter hohen Kirchturms. Die Arbeiten zur Sanierung des teils maroden Daches standen unmittelbar bevor.

Das Stahlkorsett ist inzwischen verschwunden, Turmbekrönung mit Wetterhahn, Kreuz und Zeitkapsel und das Ziffernblatt der Turmuhr sowie das in Naturschiefer neu eingedeckte Dach erstrahlen in neuem Glanz. Bei Regen läuft das Wasser nun wieder dorthin, wo es hingehört.

470 Quadratmeter Dachfläche wurden saniert. Im Inneren der im Jahre 1900 eingeweihten denkmalgeschützten und im Späthistorismus erbauten Saalkirche mit ihrem Nebenschiff und Flankenturm waren deutlich sichtbare Schäden durch Wassereintritt erkennbar. Ein 21-seitiges Gutachten belegte das Gesamtschadensbild. Die Schiefereindeckung zeigte auch am Glockenturm defekte Stellen. An der Dach-Tragschalung hatten die Wassereintritte bereits zu irreversibler Schädigung an Brettern geführt. Sie musste ausgetauscht werden.

Kampf gegen den Hausschwamm

Regenwasser tropfte in den Speicherboden und durchnässte auch die Decke des Kirchenschiffes. Vom Dachboden aus war zu sehen, dass die dort verlegte Wärmedämmung im Tonnengewölbe teilweise durchnässt war. Sie wurde komplett herausgenommen und nicht wieder ersetzt, da dies aus bauphysikalischen Gründen nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprochen hätte. Lärchenbretter ersetzen die alte Schalung. Ein nicht unwesentlicher Aufwand der Dacharbeiten war auch die Erneuerung der Schallluken des Glockenturms.

Unvorhersehbares kam dazwischen, wie so oft bei so großen Maßnahmen: Der Hausschwamm hatte sich breit gemacht und musste bekämpft werden. Ein Punkt, an dem noch einmal tief durchgeatmet werden musste, denn es war nicht klar, wie hoch diese zusätzlichen Kosten noch werden würden für diese Arbeiten, die zudem den Zeitplan auch kräftig durcheinander wirbelten. Sie hielten sich jedoch in überschaubaren Grenzen. Der Fachmann spricht von Würfelbruch, was das Schadbild am Holz beschrieb, welches durch den zerstörerischen Pilz befallen worden war. Sachverständige stellten fest, dass auch das Mauerwerk befallen war. Nach den Probebohrungen, die die Kontaminierung lokalisierten, wurden die schadhaften Balken ausgetauscht und zwar gemäß den technischen Vorgaben dergestalt, das auch noch beidseitig je 1,50 Meter des gesunden Holzes weggeschnitten wurde, um so wieder die Stabilität und Tragfähigkeit herstellen zu können. Die Sanierung des vom Hausschwamm befallenen Mauerwerks erfolgte durch die Injektion einer speziellen Sperrflüssigkeit. Weitere Maßnahmen im Zuge des Gesamtprojektes waren die Wiederherstellung der Außenanlagen zum Nachbarn hin, Blitzschutzarbeiten, Maler- und Verputzarbeiten und Raumluftmessungen im Kircheninneren.

Die letzten Rechnungen sind beglichen, und ein Durchatmen bei den Verantwortlichen vernehmbar, denn man blieb mit insgesamt 496 000 Euro deutlich unter dem Kostenansatz von knapp über einer halben Million Euro. Das Gesamtfinanzierungkonzept sah einen Zuschuss in Höhe von 60 000 Euro aus dem Dorferneuerungsprogramm des Landes Hessen, IKEK (Integriertes kommunales Entwicklungskonzept) vor. Die Landeskirche übernahm mit 368 400 Euro den größten Finanzierungsanteil. Die Kirchengemeinde vor Ort hatte dann noch 94 600 Euro zu stemmen. Um diese Last zu erleichtern, hatte der Kirchenvorstand einen Spendenausschuss ins Leben gerufen, der mit viel Engagement, Zeitaufwand und kreativen Ideen Spendengelder akquirierte. Das Motto: »Ich lass meine Kirche nicht im Regen stehen«. Das Spendenaufkommen beträgt aktuell 21 000 Euro.

Rückblick auf die Arbeiten

Am Sonntag, 2. April, findet aus Anlass der erfolgreichen Sanierungsarbeiten um 11 Uhr ein Fest- und Dankgottesdienst statt. Der Vorsitzende des Kirchenvorstands hat alle Arbeiten begleitet und stand stets in engem Kontakt mit der Architektin Stephanie Muskau vom Architekturbüro Seidel und Muskau. In einem Dialog der beiden soll die Bauzeit mit ihren interessanten Besonderheiten während des Gottesdienstes aufgearbeitet werden. Zudem gibt es eine Fotoausstellung mit Eindrücken aus der Zeit der Arbeiten und vor allem besonderen Ausblicken, die nur die Handwerker, die Architektin und Peter Wagner in luftiger Höhe genießen durften. Im Anschluss an den Gottesdienst sind alle Gäste, im Besonderen die Handwerker und all jene, die maßgeblich am Spendenaufkommen Anteil hatten, zu einem Umtrunk eingeladen.

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ik_Kirchturm_Fellingshau_4c_1 © Volker Mattern

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