Fünf Plätze in der »Bieberbande«

»Die Bieberbande überfällt die Bank«, scherzt Bürgermeisterin Patricia Ortmann. Und sie freut sich, dass in der ehemaligen Filiale der Volksbank Heuchelheim an der Hauptstraße in Bieber neues Leben einkehrt. Fünf Plätze für Kleinkinder sind dort entstanden. Damit wird die Biebertaler Betreuungslandschaft um einen kleinen Baustein reicher.
Seit dem 1. April gibt es in Bieber mit der »Bieberbande« eine Tagespflege für Kinder zwischen einem und drei Jahren mit einer täglichen Betreuung von 7.30 bis 15 Uhr. Die Gemeinde Biebertal hat die Räumlichkeiten angemietet und gemeinsam mit der Volksbank und der Arbeiterwohlfahrt für die Betreuung herrichten lassen. Projektpartner der Kommune ist der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Dessen Geschäftsführer Jens Dapper spricht von einem »Meilenstein für die Gemeinde« und spart nicht mit Lob für die Biebertaler Bürgermeisterin Patricia Ortmann. Denn diese geht neue, eher unkonventionelle Wege, um den Familien Betreuungsangebote zu machen.
Betre uungsplätze sind knapp, und die AWO hat mit zwei Kindertagespflegegruppen in Linden bereits belegt, dass sie ein gutes, von den Eltern gerne nachgefragtes Konzept hat. Der Ansatz: Zeitnah Betreuung zu organisieren, ohne für Neubauten von Kindertagesstätten Millionen Euro investieren zu müssen.
Gerade die Betreuung von Kindern unter drei Jahren stellt Biebertal - wie die meisten anderen Kommunen auch - vor große Herausforderungen. Denn die Nachfrage nach Betreuungsplätzen ist in den vergangenen Jahren so deutlich gestiegen, dass die Kommunen respektive ihre Partner in der Betreuung kaum nachkommen, entsprechende Angebote zu unterbreiten. Es fehlt vielfach an Raum und an Personal.
Wie sehr es brennt, das zeigt das Beispiel Bieber eindrücklich: Anfragen gab es bereits, bevor das Angebot überhaupt in die Umsetzung ging. Aktuell ist das erste Kind in der Eingewöhnung, die Weiteren folgen. Die fünf Plätze waren fix vergeben.
»Betreuung braucht Vernetzung«, freut sich Dapper über die Kooperation von AWO, Kommune, Volksbank Heuchelheim und Landkreis Gießen. Und die Bürgermeisterin gibt den Dank zurück: »Ohne die AWO als starken Partner könnten wir das nicht umsetzen«, weiß sie. Und erinnert an ihr Credo: »Wir leben hier Kooperation. Das schafft zeitnah Lösungen auf kommunaler Ebene.«
In Biebertal ist mittlerweile eine Waldgruppe in Trägerschaft der Kommune entstanden, eine zweite geht in diesem Sommer an den Start. Zudem muss das Angebot an Betreuungsplätzen insbesondere in Fellingshausen deutlich erweitert werden. Denn die Räume des kirchlichen Trägers dort reichen längst nicht mehr aus. Und in naher Zukunft wird es weiteren Zuzug junger Familien geben, wenn mit der »Dreispitz III« ein großes neues Baugebiet entsteht.
Insgesamt verfügt Biebertal derzeit über mehr als 400 Betreuungsplätze für Kinder zwischen einem und sechs Jahren. Doch das reicht nicht aus. Es existieren Wartelisten für die Betreuung U3.
Was die Kindertagespflege der AWO so attraktiv macht, das ist nicht nur das gute Angebot an die Eltern. Auch die Betreuerinnen profitieren. Sie sind fest angestellt und nicht selbstständig wie bei anderen Tagespflege-Modellen. In der Regel sind es Frauen, die dies anbieten. Und die Festanstellung entlastet sie von vielem: Der Sorge um die Renten- und die Krankenversicherung, die Abrechnerei mit den Eltern, die Vertretungsplanung im Urlaubs- und Krankheitsfall,
Dapper unterstrich am Dienstag in Bieber: »Kindertagespflege als Modell mit fest angestellten Kindertagespflegepersonen der AWO Gießen hat sich mittlerweile als Erfolgsmodell für die Betreuung von Kindern zwischen einem und drei Jahren etabliert.«