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Bibbern im Bad?

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Von: Thomas Brückner

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Als erster im Kreis (außer Stadt Gießen) hat gestern Grünberg sein Freibad geöffnet - bei 17 Grad Wassertemperatur nichts für »Frierkatzen (w/m/d)«. © Thomas Brueckner

Explodierende Energiepreise - ein Problem in erster Linie für private Verbraucher. Betroffen sind aber auch Badbetreiber, sofern sie ihre Becken beheizen und dafür den fossilen Energieträger Gas nutzen. Erste Kommunen haben daher bereits die Wassertemperaturen gesenkt: Bibbern im Freibad? Nicht im Landkreis, wie unsere jährliche Gesamtschau zum Start der Saison zeigt.

Eines vorweg: Die wenigsten Kommunen im Gießener Land beheizen das Beckenwasser ihres Freibads. Exorbitant gestiegene Energiepreise dürften sie also kaltlassen.

Eine der wenigen Ausnahmen findet sich in Grünberg, wo die Stadtväter und -mütter vor vier Jahren im Zuge einer millionenschweren Gebäudesanierung ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) installieren ließen. Das liefert Strom und Wärme für das Eingangs- und Archivgebäude, trägt neben der Solaranlage aber auch dazu bei, dass sich die Besucher des Familienbades an (meist) angenehmen Wassertemperaturen erfreuen dürfen.

»Nach unseren Verträgen und auch nach heutiger Rücksprache mit dem Energieanbieter bleibt es beim alten Preis, von Erhöhungen 2022 ist nach jetzigem Stand nicht auszugehen. Von daher werden wir das Beckenwasser auch weiterhin so beheizen«, teilte Grünbergs Bürgermeister Marcel Schlosser mit. Allerdings spricht er sich dafür aus, das Heizsystem mittelfristig zu überprüfen, wenn die Preise sehr hoch werden.

Laubach s Freibad wird einzig von der Sonne und Solarzellen erwärmt, schickt Michael Köppen, Prokurist der Bäder und Kultur gGmbH, voraus. Die hundertprozentige Tochter der Stadt betreibt auch das Hallenbad, das nicht zuletzt fürs Schulschwimmen bis zu den Ferien geöffnet bleibt.

Und das wird mit einem gasbetriebenen BHKW beheizt. Doch nicht allein, es versorgt auch Gesamtschule sowie Sport- und Kulturhalle. Zur Kostenentwicklung kann Köppen noch nichts sagen: »Die Abrechnung erfolgt stets erst im September, dann wissen wir mehr.«

Das kreiseigene BHKW ist in die Jahre gekommen, ein Austausch steht. Wie Köppen erklärte, würden nun Alternativen zum fossilen und seit Kriegsbeginn in der Ukraine noch kritischer gesehenen Energieträger Gas geprüft. Der Anschluss ans örtliche Energiewerk, für das das Furnierwerk Laubach Holzabfälle nutzt, zähle dazu.

»Seit Herbst sind wir anerkannte Klimakommune, wir sollten als Stadt nun aktiv werden«, meint Köppen. Und wartet doch nicht darauf: So wurde die Wassertemperatur im Hallenbad bereits um gut ein Grad abgesenkt. »Jedes Grad bringt fünf bis sechs Prozent an Einsparung beim Gas.«

Was wiederum das Freibad angeht, waren vor dem Saisonstart am 15. Mai nur die üblichen Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen. Im Herbst 2023 soll es dann mit der lange geplanten »Totalsanierung« losgehen. Neues Becken in Edelstahl, neue energieeffiziente Technik, neue Außenanlagen sind mit Kosten von rund 4,5 Millionen Euro veranschlagt.

»Technisch sind wir gut aufgestellt«, teilte Regina Thimm, Vorsitzende des Fördervereins mit, der das Freibad Holzheim betreibt. Sie verwies dazu auf jüngste Ertüchtigungen der Filteranlage. Bereits 2019 habe man in effiziente Wasserpumpen investiert - ein Stromersparnis von rund 18 500 Kilowatt per annum. Zur Beckenbeheizung seien Wärmepumpen installiert, weitere Maßnahmen zur Energieeinsparung bereits in Planung.

Sofern das Wetter mitspiele und man genügend Badeaufsichten rekrutieren könne, wollen die Holzheimer noch im Mai öffnen - zur Freude des Gäste, die wegen der Pandemie lange »draußen bleiben mussten«.

In Hungen ist die Eröffnung am Freitag, 20. Mai, vorgesehen. Mit einer elektrisch betriebenen Absorberanlage wird das Badwasser erwärmt. »Eine Absenkung der Wassertemperatur ist daher nicht vorgesehen. Weitere Energieeinsparungen sind derzeit ebenfalls nicht geplant«, teilte Thomas Ewert, zuständiger Fachbereichsleiter der Stadt, mit. Er fügte noch an, dass an diesem Jahr nur Instandhaltungsarbeiten anstanden, für Ende 2023, Anfang 2024 aber die komplette Sanierung des Schwimmerbeckens geplant sei.

Ebenfalls für den 20. Mai als Tag des Saisonstarts plant die Stadt Linden. Im Vorjahr sei in die WC-Anlagen investiert worden, energetische Sanierungen stünden nicht an. Das Bad in Großen-Linden verfügt über »keine besondere Heizung«, die Solar-Absorberanlage erwärme das Wasser geringfügig, hieß es aus dem Rathaus. Und: »Gedanken über erhöhte Heizkosten braucht man sich daher nicht zu machen.« Nichts anderes verlautet aus Wettenberg, wird doch das Beckenwasser im Krofdorf-Gleiberg er Bad - geöffnet ab 15. Mai - nicht beheizt. Für Pflasterarbeiten, Erneuerung der Entwässerungsleitungen rund ums Schwimmerbecken sowie defekter Fliesen der Beckenumrandung und Rinnen hat die Gemeinde rund 55 000 Euro ausgegeben. Maßnahmen zur (energieeffizienten) Wassererwärmung seien fürs Erste nicht geplant.

Gleiches verlautete aus der Gemeindeverwaltung Reiskirchen. In das kleine, aber feine Bad in Ettingshausen hat die Kommune in diesem Jahr dennoch kräftig investiert: rund 30 000 Euro in ein neues Dach und 20 000 Euro in die Technik. »Im Oktober werden überdies die WC-Anlagen und Garderoben saniert«, teilte Bürgermeister Dieter Kromm mit. »Beheizt wird das Bad durch die Sonne, insofern gibt es keine Zuheizung.« Allerdings verfüge man über eine Beckenabdeckung, die bei Bedarf genutzt werde. Geplante Eröffnung: Samstag, 21. Mai.

Sechs Tage früher beginnt die Badesaison im Waldschwimmbad Lollar. Auch dort tangieren die Preissprünge vor allem beim Gas den städtischen Betreiber nicht. »Unsere Schwimmbecken werden nicht beheizt«, teilte Anja Noppes, Fachbereich Finanzen, mit. Investiert hat die Kommune dieses Jahr bekanntlich vor allem in den Eingangsbereich.

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