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Ansteckend optimistisch

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Von: Nastasja Akchour-Becker

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ik_Marlene_140323_4c © Nastasja Akchour-Becker

Eigentlich habe ich gedacht, dass ich mit einem Rezept für eine Brille wieder nach Hause gehe«, liest Marlene Bierwirth aus ihrem Buch »Meine Medizin seid ihr - Gemeinsam sind wir stärker als der Krebs«. Beeindruckend schildert sie jenen Besuch beim Augenarzt, der damit endete, dass sie bei einem Neurologen im Krankenhaus saß und eine Krebsdiagnose erhielt.

Das war im März 2017, die junge Frau war gerade einmal 18 Jahre alt. Wie geht es ihr heute, was macht sie? Auf diese und andere Fragen gab sie am Sonntagmittag anlässlich einer Lesung im Rahmen der Licher Kulturtage im Kino Traumstern Antworten. Der Chor Songlines untermalte die Lesung musikalisch.

Marlene Bierwirth ist eine beeindruckende junge Frau. Rückblende: Sie steckt in den Vorbereitungen zum Abitur an der Hungener Gesamtschule, als sie die Diagnose »metastasiertes Medulloblastom« - ein bösartiger Hirntumor - erhält. Ein Schock. Erst will sie es nicht wahrhaben, dann erzählt sie schonungslos und ehrlich und manchmal auch mit viel Humor von ihrem Kampf. Daran lässt sie auch andere Menschen teilhaben. Sie betreibt einen Blog, um ihre Erlebnisse, Erfahrungen, Gedanken und Emotionen zu teilen und hofft, so vielleicht Menschen helfen zu können, denen es ähnlich ergeht. Und sie hat Erfolg. Bei Instagram etwa hat die junge Frau mittlerweile 96 000 Follower.

Es ist eine bewegende Geschichte, die die 23-Jährige an diesem Sonntag auch in Lich in ausgewählten Passagen präsentiert. Aber ihr Optimismus macht nicht nur Mut, er ist auch ansteckend. Bierwirth freut sich, dass sie noch einmal in Lich lesen kann, ihre letzte Lesung war im Januar 2020. »Ich habe diesmal auch neue Stellen herausgesucht«, erzählt die sympathische junge Frau, die keinen Hehl daraus macht, dass sie aufgeregt ist. Nach einem Jahr Chemotherapie und Bestrahlung ist sie heute tumorfrei mit guter Prognose, dass es auch so bleibt. Sie studiert Erziehungswissenschaften und hat viel vor. »Ich war krank, ich habe gekämpft, jetzt bin ich gesund und möchte wieder mein Leben leben«, sagt Bierwirth.

Kein Wunder, dass ihr Buch, das mittlerweile als Taschenbuch im Verlag Beltz & Gelberg erschienen ist, für den Schulunterricht empfohlen wird. Für Lehrkräfte gibt es ein Begleitbuch.

Bierwirth ist froh, dass sie auch wieder bei den Songlines mitsingen kann. Und sie bedankt sich bei dem Chor. »Ich habe mir dieses Jahr vorgenommen, mehr Dinge zu tun, die mir gut tun. Im Alltag vergisst man das immer wieder.« Das bedeutet für Bierwirth, sich mit Menschen zu umgeben, die ihr gut tun und ein gutes Gefühl geben und denen sie auch etwas zurückgeben kann. »Und da habe ich noch mal gemerkt, wie wichtig mir der Chor ist und die Musik. Und deshalb bin ich noch mal umso froher, dass ihr alle hier seid und mich unterstützt.«

Nach all der schweren Zeit ist deutlich geworden, dass Bierwirth positiv in die Zukunft blickt. Sie freut sich auf’s Leben und alles, was noch kommen mag. nab/Foto: nab

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