Vom Zuhause in der Ferne

Allendorf (vh). Anfang Oktober erst erhielt die 86-jährige Wißmarerin Erika Weimer den Kulturförderpreis der Gemeinde Wettenberg. Auf Einladung des Heimat- und Verkehrsvereins Allendorf/Lumda las Weimer nun im Bürgertreff Allendorfer Altstadt einige Geschichten aus ihrem Buch »Zu neuen Ufern - mein Zuhause in der Ferne«.
Die rüstige Seniorin hatte 2007 ihr erstes Büchlein veröffentlicht, inzwischen sind es zwölf Bücher - meistens mit Geschichten aus Wettenberg und Umgebung. Doch diesmal ist alles anders. Weimer ist global geworden.
19 Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihr Heimat verlassen haben oder dies tun mussten, bringt sie dem Leser näher. Weimer beschreibt die früheren Lebensumstände, den Aufbruch in Richtung Deutschland und das Angekommensein etwa in Wißmar.
Sie geht der Frage nach, ob man die ehemalige Heimat gewissermaßen transferieren kann, so wie ein Mensch seinen Wohnort wechselt. Der unfreiwillige Fortgang in ein fremdes Land ist gemeinhin beschwerlich genug, kann aber gemeistert werden. Die Sehnsucht nach der Heimat jedoch, das sind Sitten, Gebräuche, insbesondere die zurückgelassene Familie und Verwandtschaft, lässt manchen schier verzweifeln.
Weimer erzählt die Geschichte eines Flüchtlings ausAfghanistan, 1995 geboren, eines von 16 Geschwistern. Daheim hatte die Familie Landwirtschaft, versorgte bis zu 800 Tiere: Kamele, Lamas, Schafe, Ziegen. Sein Vater hatte die dritte Frau geheiratet und nun für alle ein großes Haus gebaut. Dann kamen die Taliban und machten, was sie wollten.
Mit 17 Jahren dann der Entschluss, das unfrei gewordene Land zu verlassen. Über die Stationen Pakistan, Iran, Türkei und Griechenland schließlich die Ankunft im Aufnahmelager Gießen. Er würde gerne Krankenpfleger werden. Hat jedoch keinen Schulabschluss gemacht, mittlerweile immerhin Arbeit und eigene Familie. Weimer: »Er fühlt unendliches Heimweh. Wie es weitergeht, ist ungewiss«.