Premiere in der Stadtkirche

Allendorf (pm). Pfarrer Stefan Schröder hatte eingeladen zu einer historischen Begehung der Allendorfer Stadtkirche. Die Führung wurde von Susanne Gerschlauer, studierte Kunsthistorikerin und Bauforscherin aus Staufenberg, geleitet. Gerschlauer begann ihren Rundgang am Turm, dem ältesten Bauteil der Kirche. Denn der Chorturm ist meist der erste Bauabschnitt beim Neubau einer Kirche.
Hier konnten bereits vor der Fertigstellung der ganzen Kirche schon Gottesdienste gefeiert werden. Der Chorraum gehört mit dem Altar zum wichtigsten Teil der Kirche. Bauzeit ist wahrscheinlich das Jahr 1323 gewesen. In diesem Jahr wurden von Landgraf Otto I. die Marktrechte verliehen. Allendorf lag an einer wichtigen Straße und das brachte dem Ort Besucher und Einnahmen. Der Ort bekam dadurch eine Bedeutung und entsprechend stattlich sollte auch der Kirchenbau sein. Denn ein großer Kirchturm zeigte an, hier befindet sich eine wohlhabende Bürgerschaft. Von weitem war der Kirchturm schon erkennbar.
Am Turm befinden sich Bauteile aus der Gotik. Der Eingang zum Turm hat eine spitzbogige Tür mit einem Birnstab-Profil als Laibung. Die Fenster erhielten ein gotisches Maßwerk und im oberen Bereich erkennt man eine Fensteröffnung mit einer älteren Form, wie sie schon aus der Romanik bekannt ist. Auf der Nordseite des Turmes befand sich früher ein Sakristei-Anbau. Der noch vorhandene Konsolenstein gibt davon Zeugnis. An dem Übergang zum Kirchenschiff sieht man, dass das Schiff später hinzu kam und früher kleiner gewesen sein muss. Die Ecksteine des Turmes sind nicht im Verbund mit dem Kirchenschiff. Auch die Höhe des Kirchenschiffes ist früher niedriger gewesen. Das wird sichtbar an dem um das Turmgeschoss umlaufenden Gesims, das auf der Westseite über dem Kirchendach am Turm unterbrochen ist.
In den folgenden Jahrhunderten ist noch viel umgebaut worden. Nach dem großen Stadtbrand 1728 wurden die Fenster im Kirchenschiff vergrößert, damit mehr Licht in die Kirche gelangt. Das Südportal aus Basalt stammt wahrscheinlich aus dem 19. Jahrhundert. Es zeigt in den oberen Ecken seltsame figürliche Darstellungen. Es ist nicht ganz klar, was sie darstellen. Sie könnten dazu dienen, das Böse abzuwehren oder sie erinnern an Adam und Eva als Urmenschen.
Die Kirche war früher wahrscheinlich verputzt oder mit einer Kalkschlämme versehen, dadurch erschienen die Mauern heller als heute. Kleine Putzreste sind noch erkennbar. Vorhanden sind noch Löcher im Mauerwerk, wo früher die Gerüsthölzer eingesteckt wurden. So erzählt die Außenfassade viele geschichtliche Dinge, die auf den ersten Blick nicht leicht erkennbar sind.
Es war ein interessanter Rundgang für die 14 Teilnehmer, der fast zwei Stunden dauerte. Susanne Gerschlauer versprach, im kommenden Jahr eine weitere Führung in der Kirche durchzuführen.