Der Duft frisch gebackenen Brotes

Allendorf (vh). Das Backhaus Climbach in der Hauptstraße 9 wurde 1922 eingeweiht. Daher fällt das diesjährige Backhausfest zum 100-jährigen Bestehen etwas üppiger aus. Am Samstag, 10., und Sonntag, 11. September, steht das Fachwerkhäuschen im Mittelpunkt. Ein Festzelt, aufzustellen in der dann abgesperrten Hauptstraße, ist schon bestellt. Zum Fest laden der Ortsbeirat Climbach, die Climbacher-Wald-Fußballer und die Sportgemeinschaft Climbach ein.
Der Mann, der die Geschichte des Backhauses wohl am besten kennt, ist Herbert Hartmann. Er wohnt in der nahen Forststraße und ist ein geborener Climbacher. Ehefrau Karin stammt aus Gießen. Zusammen mit Sohn Roland sind sie die Einzigen im Dorf, die noch selbst Brot backen. 40 bis 45 Drei-Pfund-Laibe passen in den Brennraum. Bei 350 Grad dauert es eine Stunde bis 75 Minuten. Hartmanns haben extra eine Gefriertruhe nur fürs Brot angeschafft. Selbst gebackenes Brot wolle jeder essen, aber niemand wolle die Arbeit dahinter auf sich nehmen, bedauern sie. Vom Anrichten des Sauerteigs bis zum fertigen Brot vergingen zwei Tage mit Arbeit.
In den 1950er und 1960er Jahren habe der Schornstein fast ständig gequalmt. Der Andrang sei groß gewesen. Die Leute hätten die Vergabe unter sich ausmachen müssen. Zuständig dafür sei die Kirchendienerin gewesen. Sie hatte die Schlüsselgewalt. Nach dem 12-Uhr-Läuten der Kirchenglocke sei die Reihenfolge ausgelost worden. »In Climbach sagten wir dazu ›ausgespielt‹«, sagt Herbert Hartmann. In ihrer Schürze hatte die Kirchendienerin Lose mit Ziffern. Man griff zu und die Reihenfolge war geklärt.
Wer zuerst backen dufte, musste das meiste Holz organisieren: Buchenreisig, das zwei Jahre getrocknet war, und natürlich den Ofen anheizen. Die leicht gewölbte Brennkammer ist derart niedrig, dass der Laie denkt, nach einer Stunde sei alles schwarz verbrannt. Die Messmethode: Führt man eine Roggenähre dreimal sanft über den Boden und diese verfärbt sich nur Goldbraun, ist die Temperatur ideal und der Teig kann eingeschoben werden.
2021 renoviert
Bis Anfang der 1970er Jahre sei vorzugsweise im Herbst Kuchen gebacken worden: Zwetschgen-, Apfel-, Riwwel- und Schmierschelkuchen sowieso, zum Heiraten der Hochzeitskuchen. »Wer Teig von Hand anrührt, braucht keine Muckibude«, weiß Hartmann. Darum hat die Familie eine Knetmaschine.
In den 1990er Jahren sei die Ofentechnik ausgetauscht und das Dach neu gedeckt worden. Die Firma Carlé habe damals Ausstellungsziegel gestiftet. Ebenfalls in den 1990ern sei das hintere Wiegehäuschen abgerissen worden und an seiner Stelle eine Toilettenanlage entstanden. Im August 2021 habe Roland Hartmann zwei Wochen Urlaub genommen und zusammen mit Leon Wissner und ihm das Backhaus renoviert, sagt Hartmann.
Der Sohn sei gelernter Zimmermann und handwerklich universal begabt. Schadhafte Balken wurden ersetzt (Balken stiftete die Firma Bingel aus der Kernstadt) und die Gefache ausgebessert. Überall wurden die Originalfarben und Zierstriche aufgetragen. Reparaturen würden allesamt selbst ausgeführt. Das Backhaus ist voll funktionstüchtig. ein Starkstromanschluss ist vorhanden, ebenso ein Waschbecken. Was noch fehlt, sind Backwillige.