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Ärger um »Dreispitz«-Pläne

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Von: Rüdiger Soßdorf

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Diese Flächen westlich von Fellingshausen sollen bebaut werden. Wie, das ist strittig. © Manfred Henss

Da scheint ordentlich Druck auf dem Kessel: In Fellingshausen hat sich eine Interessengemeinschaft formiert, die für eine deutlich kleinere Siedlungserweiterung an der »Dreispitz« plädiert.

Die Einladung zur Pressekonferenz der »Interessengemeinschaft Zukunft Fellingshausen« im lokalen Blättchen ist gerade mal sechs Zeilen lang. Doch die Tische im Saal der Gastwirtschaft Zur Post sind gut besetzt. Rund 60 Bürger sind am Montag gekommen. Was sie eint: Frust über das geplante Neubaugebiet »Dreispitz III« im Westen des Dorfes. Konkret: Dessen Dimension. Und der Umgang der Politik mit den Fellinghäusern. Sie fühlen sich nicht ausreichend eingebunden, fühlen ihre Wünsche und Interessen nicht hinreichend geachtet.

Vor mehr als vier Wochen haben sie einen zweiseitigen Brief mit Anregungen und Kritikpunkten an die Bürgermeisterin geschrieben, an den Gemeindevorstand und nachrichtlich an die Vorsitzenden aller Fraktionen in der Gemeindevertretung. Beigefügt waren bald 500 Unterschriften. Die Resonanz darauf sei dürftig, meinen die IG-Vertreter. Denn aus dem Rathaus haben sie darauf bislang keine Reaktion bekommen. Einzig die Freien Wähler hätten Interesse an einem Gespräch signalisiert und die Grünen ebenfalls geantwortet, erläutern Wilfrid Venerius und Eugen Domann, Sprecher der IG und beide in der »Dreispitz« wohnhaft; also just dort, wo gleich nebenan weiteres Bauland erschlossen werden soll.

»Das passt nicht in unser Dorf«, lautet der schon in den vergangenen Monaten mehrfach vorgetragene Hauptkritikpunkt. Rund 170 Wohneinheiten, so die überschlägige Kalkulation der Kritiker, bringen bis zu 500 Neubürger mit sich. Venerius hat daraus in Summe rund 1460 Kfz-Bewegungen am Tag hochgerechnet, mit Belastung vor allem der Beu, des Hohlgartens und der Helenenstraße, aber auch im Nachbardorf Bieber. Weitere Zahl: 500 Neubürger bedeuten einen Mehrverbrauch von 23 Millionen Liter Wasser im Jahr. Und das sei doch ohnehin schon knappes Gut. Vor allem aber wird die fehlende soziale Infrastruktur für einen Zuzug dieser Größenordnung in einem Dorf mit derzeit rund 1700 Einwohnern angemerkt: Kita und Grundschule reichten dafür längst nicht aus. Bemängelt wird von der Bürgerinitiative, dass Konzepte für die Fragen des Verkehrs und der Infrastruktur fehlen. Zudem gefordert werden ein Leerstandskataster und eine Bestandsaufnahme von Baulücken. Der Vorwurf: Bürgermeisterin Patricia Ortmann setze den sozialen Frieden im Dorf bewusst aufs Spiel.

Man wolle das Baugebiet nicht völlig verhindern, wolle sehr wohl eine Entwicklung für Fellingshausen. Aber man könne im Dorf doch nicht den Bedarf an Bauland für den gesamten Westkreis sichern?!

Man sei »entsetzt«, da nichts aus dem Rathaus zu hören sei, wurde mehrfach unterstrichen. Konkret in Richtung Bürgermeisterin: Warum nehme Ortmann die Bürger nicht mit, sondern agiere gegen sie? In der Sitzung am Montag und in einer Presseerklärung legten Wilfrid Venerius und Eugen Domann polemisch nach: »Vertritt die Bürgermeisterin die Interessen des Investors oder ihrer Bevölkerung?« Ortmann habe eine Informationspflicht, diese komme aber zu kurz, es fehle an Transparenz. Die von Venerius formulierte Forderung an die Fraktionen: Von sich aus aktiv zu werden, nicht erst auf das zu reagieren, was die Verwaltung vorlege. Man möge aus dem Parlament heraus »die Verwaltung treiben«; deren Spitze sei in der Pflicht zu informieren.

Die in Fellingshausen gescholtene Bürgermeisterin Ortmann war am Montag nicht zugegen, war zu dem »Pressegespräch« nicht eingeladen. Sie erinnerte gestern derweil daran, dass im vergangenen Winter sehr wohl seitens des Investors auf Wünsche und Vorschläge der Bürger eingegangen wurde. Derzeit arbeite die Verwaltung an einem - einstimmigen - Beschluss der Gemeindevertretung zur Umsetzung von »Dreispitz III«. Und selbstverständlich sei der Brief der IG Thema im Gemeindevorstand gewesen. Derzeit sei man noch deutlich vor der Offenlage eines Bebauungsplanes. Es laufe noch eine Verkehrszählung, deren Daten in die verkehrliche Untersuchung eingearbeitet werden sollen. Richtig sei, dass Kita und Schule zu klein sind. Sie kündigt ein weiteres Gespräch mit den Bürgern an, wenn man weitere Erkenntnisse und Informationen habe.

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