Abi-Feier wieder »Ode ans Leben«

Ein trister Parkplatz, auf dem die Schüler wie im Autokino auf ihr Zeugnis warten. Gottesdienste mit Maskenpflicht. Ein Festakt, bei dem der negative Schnelltest zur Eintrittskarte wird. Das Virus hat nicht nur den Schulalltag der Abiturienten geprägt. Es hat auch ihre Pläne für den großen Tag, die feierliche Verabschiedung von der Penne, durchkreuzt.
Und diesmal? Wie wurde die neue »Freiheit« genutzt?
Mittlerweile zweieinhalb Jahre ist es her, dass erste Meldungen über ein neues Coronavirus aufpoppten, gewissermaßen ein »Verwandter zweiten Grades«. Befürchtungen, SARS-CoV-2, werde eine Pandemie verursachen, sollten sich bewahrheiten, Eindämmungsmaßnahmen alsbald auch die Schulen erfassen.
Nur ein Randaspekt: Mit dem heute sehr aufwendig gestaltetem Abschied von der Schule, den Bällen, bei denen der »Übergang in einen neuen Lebensabschnitt« mit üppigem Buffet und Abendgarderobe gefeiert wird, war’s vorbei.
Seit diesem Frühjahr allerdings sind die Hygienevorgaben, vom Schutz vulnerabler Gruppen abgesehen. wieder passé. Dennoch steigen die Inzidenzen wieder stark an, aus Laubach ward vor zwei Wochen gar ein kreisweiter Spitzenwert von 2450 gemeldet.
Eine Entwicklung, die auch Ellen Reuther, Leiterin des Laubach-Kollegs, berührt. Freilich weiß auch die Direktorin des Oberstufengymasiums der EKHN um die Gesetzeslage: »Mehr als Appelle geht nicht.«
Gute Tradition am Kolleg ist es, die Abi-Zeugnisse in einem Gottesdienst zu übergeben. Dieser war 2019 komplett ausgefallen, im Vorjahr fand er zwar wieder statt, allerdings unter strengen Vorgaben (Tests, Maskenpflicht) und aufgeteilt in drei Kohorten, um die Abstände in der Stadtkirche zu wahren. Am vergangenen Samstag aber durfte man endlich wieder und ohne Einschränkungen an diese Tradition anknüpfen.
Im Vorjahr hatte sich an den Gottesdienst nur eine kleine, eher private Feier angeschlossen. Diesmal ging auch wieder der Abi-Ball über die Bühne der Sport- und Kulturhalle. Die 79 Absolventen, Eltern, Geschwister, weitere Gäste und Lehrer (nicht alle aber waren gekommen) eingerechnet, dürften es um die 300 Teilnehmer gewesen sein.
Ob der zuvor hohen Inzidenzen in Laubach bereitete der Ball mit ausgelassenem Feiern Ellen Reuther etwas mehr Sorgen. Aber: »Jeder muss das für sich entscheiden.« Alle ihrer Schüler aber verfügten über ein hohes Maß an Verantwortungsgefühl.
Pauline Catharina Kühn ist eine der 79 Absolventen am Kolleg. Ihren Worten ist die Freude deutlich anzumerken, dass ihr Jahrgang das erste Mal seit zwei Jahren die Möglichkeit bekam, den Abschluss feierlich zu zelebrieren.
Die 19-Jährige: »Mit der Mischung aus Abschiedsreden, Würdigung der erbrachten Leistungen und sorgsam vorbereiteten Schülerbeiträgen wurde den vergangenen drei Jahren, die von Online-Unterricht und erschwerten Unterrichtsbedingungen geprägt waren, ein wunderschönes Ende bereitet.« Dass sich daran viele gerne zurückerinnern würden, zeigt sich die Laubacherin überzeugt.
Nicht anders dürfte es sich bei den Schülern der CBES in Lollar verhalten. Die Feierlichkeiten, bilanzierte Direktor Andrej Keller gegenüber der GAZ, hätten in großer Ausgelassenheit stattgefunden, so wie vor der Pandemie. Vorsicht ließen aber auch hier die Organisatoren walten: Alle Teilnehmer mussten einen offiziellen Schnelltestnachweis vorlegen. Keller: »Dies hat erfrischend reibungslos geklappt. Außerdem konnte, wer wollte, eine Maske tragen. Dies war allerdings nur vereinzelt der Fall.«
Diesmal feierten auch wieder viele Lehrer und die Eltern mit. Die hatten in den beiden letzten Jahren nur per Livestream einem sehr abgespecktem Programm beiwohnen dürfen. »Jetzt waren sie live dabei, was der Atmosphäre wieder sehr gutgetan hat«, unterstreicht der Leiter der Gesamtschule. Und auch dies: »Von erhöhten Infektionszahlen nach dem Abiturball am 1. Juli ist mir bisher noch nichts bekannt.«
An der Theo-Koch-Schule Grünberg konnte das Abitur ebenfalls wieder »unter dem Vorzeichen lieb gewonnener Gewohnheiten stattfinden«, wie Direktor Jörg Keller es formuliert. »Wenn man so möchte, war es trotz der derzeit eher bedrückenden Situation - Corona, Ukraine, Inflation, Klima-Krise -, die auch vor Jugendlichen nicht haltmacht, eine Ode an das Leben.«
Als Stichworte nennt er den Abi-Gag, das Übernachten auf dem Schulgelände, Polonaise durch die Klassen, mündliche Prüfungen mit Gästen aus der Jahrgangsstufe 12, Unternehmungen der Tutorengruppen.
Die Zeugnisübergabe am morgigen Samstag freilich erfolgt wieder in mehreren Etappen: Jeweils zwei Tutorien und deren Angehörige werden sich in der Aula mit ihren 400 Plätzen einfinden. Offensichtlich, so Keller, schätzten auch die Abiturienten des Jahrgangs 2022 den persönlicheren Charakter dieses Formats.
Nach zwei Jahren Pause findet am Abend dann endlich wieder der Abi-Ball mit Angehörigen und Freunden, Livemusik und abwechlsungsreichem Programm in der Lumdatalhalle statt. Und auch für die Grünberger dürfte dies ein schöner Abschluss einer Schulzeit werden, die es unter erschwerten Bedingungen zu meistern galt.
