Wut, Angst und Trauma
Frankfurt - Sie kam aufgrund von Staus, die durch das Europa-League-Spiel verursacht wurden, verspätet. Doch die Zeugenaussage von Idil Baydar im Prozess um die »NSU 2.0«-Drohschreiben hatten es in sich. Die Kabarettistin schilderte am Donnerstag vor dem Landgericht Frankfurt geradeheraus, was rassistische Bedrohungen mit den Betroffenen macht - gerade dann, wenn die Ermittlungen lange dauern und auch Polizisten in den Fokus geraten.
»Von Wut bis Aggression und Depressionen - ich bin schon traumatisiert«, sagte Baydar.
Sie habe gleich nach der ersten Drohnachricht, die sie per SMS auf ihr privates Telefon erhalten hatte, Anzeige erstattet, so Baydar in ihrer Aussage. Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin nach dem Vorgehen der Ermittler sagte sie lakonisch: »Eingestellt«.
In der zweiten von insgesamt acht SMS-Nachrichten sei auch ihre Mutter erwähnt worden. »Das hat natürlich Angst ausgelöst. Man ist besorgt, gerade wenn es um die eigene Familie geht«, sagte Baydar. Sie habe bereits nach den ersten Drohnachrichten private Sicherheit engagiert.
Teilweise geriet ihre Aussage zu einer Art Anklage, denn die Daten mehrerer von »NSU 2.0«-Schreiben bedrohten Frauen waren von Polizeirechnern abgerufen worden. »Das Verhalten der Behörden ist für mich eklatant«, sagte Baydar.
Auch Vertrauen zur Polizei zu haben, sei für sie problematisch, nicht nur wegen der Drohschreiben. »Ich habe den NSU-Fall verfolgt, dann kam Hanau.« Als migrantischer Mensch falle es ihr zunehmend schwer, Vertrauen in die deutschen Institutionen zu haben. dpa