Wissen, wann die Ampel umspringt

Darmstadt - Auf der grünen Welle durch den Stadtverkehr cruisen - was für ein Traum! In Darmstadt arbeitet man hart daran, dass dies kein Traum bleibt. So präsentierte das Mobilitätsamt der Stadt kürzlich eine neue App, entwickelt von der Firma Yunex Traffic, die anzeigt, ob man schneller oder langsamer fahren muss, um die nächste Ampel bei Grün zu erwischen - schneller natürlich nur bis zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit.
Interessant soll dies laut den Machern auch für Radfahrer sein, denn die sehen, wann sie noch mal in die Pedale treten müssen und wann sich dies nicht lohnt, weil sowieso gleich Rot ist.
Auf einer eineinhalb Kilometer langen Teststrecke wurde zwischen 2018 und 2022 die sogenannte kooperative Leitzentrale mit Ampelphasenassistent (Apha) entwickelt und an acht Ampelanlagen getestet. Das Ergebnis sei in jeder Hinsicht überzeugend, sagte Mobilitätsdezernent Michael Kolmer (Grüne): ÖPNV und motorisierter Individualverkehr wurden synchronisiert, Teilstrecken konnten von Tempo 50 auf 30 zur Lärmminderung und Erhöhung der Verkehrssicherheit reduziert werden, und dennoch sei die Gesamtfahrzeit auf der Teststrecke für den ÖPNV von rund 300 Sekunden auf 160 bis 180 Sekunden gesunken. Durch die Nutzung der App soll der Verkehr »verstetigt« werden - will heißen, Fahrzeuge sollen in gleichmäßigerem Tempo fahren und damit Abgase reduzieren. Denn die meisten Emissionen entstehen beim Stop and go.
Künftig auch andernorts nutzbar
Außerdem soll man mit der App »schneller durch Darmstadt kommen«, weil der Verkehrsfluss verbessert werde, sagte Kolmer. Gleichzeitig wird die App in Bussen und Straßenbahnen installiert. Dadurch sollen E-Fahrzeuge Batteriestrom sparen können, erklärte Ralf Tank, Projektleiter im Mobilitätsamt.
Die App namens Signal2X werde in fünf Monaten auf die gesamte Stadt »ausgerollt«, wie es hieß, und könne dann in App-Stores kostenlos heruntergeladen werden. Auch integrierte Fahrzeugnavigationssysteme könnten sie nutzen. Durch Einsatz künstlicher Intelligenz soll die App während des Betriebs laufend weiterentwickelt werden, führte Stefan Eckert, Geschäftsleiter von Yunex Traffic, aus.
Die App soll künftig auch anderorts nutzbar sein. Sie könne Verkehrsdaten anderer Städte verwenden. Den Echtzeit-Verkehrsleitrechner in Darmstadt bezeichnete Eckert allerdings als bislang einmalig: »Ich kenne kein zweites System, das diesen technischen Stand hat.« Auch Dezernent Kolmer betonte, dass Darmstadt »eine Vorreiterrolle für Smart-City-Lösungen« übernehme.
Die Digitalstadt Darmstadt arbeitet schon seit Jahren an einer computergestützten intelligenten Verkehrssteuerung und hat dafür einen Verkehrsleitrechner aufgesetzt, der Daten von Kraftfahrzeugen, ÖPNV, Radfahrern und Fußgängern in Echtzeit erfasst. Dafür wurden 3500 Sensoren, Taster und ÖPNV-Meldepunkte sowie 40 thermische Kameras installiert. Auf den Kameras sind nur anonyme Formen in Schwarz-Weiß zu erkennen.
Auf den Monitoren im Mobilitätsamt ist zu sehen, wann Ampeln umschalten, wenn sich ein ÖPNV-Fahrzeug nähert oder wenn Fußgänger den Ampeldrücker betätigen. Die fast 190 Ampeln in Darmstadt werden übrigens schon seit vielen Jahren intelligent geschaltet, je nachdem, aus welcher Richtung mehr Verkehr rollt. Die kooperative Leitzentrale mit der Ampel-App ist nur ein Teilprojekt, das immerhin gut 1,4 Millionen Euro kostete und jetzt abgeschlossen ist, wie Kolmer sagte. Die Hälfte zahlte das Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr. C. Kabel