Widersprüchliche Aussagen
Wiesbaden - Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zur Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke haben Zeugenaussagen zu Akteninhalten beim Landesverfassungsschutz für Verwirrung gesorgt. So berichtete eine frühere Sachbearbeiterin, sie habe sich mit einem Aktenvermerk gegen die Sperrung der Akte des Lübcke-Mörders Stephan Ernst ausgesprochen.
Die damalige Dezernatsleiterin erklärte indes, von einem solchen Vermerk wisse sie nichts. »Der hätte auch den Regelungen widersprochen - vielleicht hat sie Personen verwechselt. Aber das ist nur eine Vermutung«, sagte sie am Mittwoch. Nach Angaben von Ausschussmitgliedern liegt ihnen ein solcher Aktenvermerk nicht vor.
Verschiedene
Einschätzungen
Ernst sei in den 1990er Jahren wegen seiner Taten noch »eine herausragende Person« gewesen, in den 2000er Jahren jedoch nicht mehr, sagte die frühere Dezernatsleiterin. Aufgefallen war er in den 1990er Jahren unter anderem mit einem Messerangriff auf einen Imam und einem versuchten Anschlag auf ein Asylbewerberheim mit einer Rohrbombe - wegen dieser Taten wurde er auch verurteilt. Seine Akte wurde vom Verfassungsschutz 2015 für den Dienstgebrauch gesperrt. Der frühere hessische Verfassungsschutzpräsident Alexander Eisvogel hatte in einer früheren Sitzung des Untersuchungsausschusses dagegen angegeben, er habe den verurteilten Lübcke-Mörder auch in den 2000er Jahren für »brandgefährlich« gehalten.
Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses im Kreis Kassel von dem Rechtsextremisten erschossen worden. Der Untersuchungsausschuss wurde 2020 eingerichtet. Seine Aufgabe ist es, die Rolle der hessischen Sicherheitsbehörden in dem Mordfall aufzuarbeiten. dpa