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Von Plenum zu Plenum

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Mittendrin in der Politik befindet sich der Arbeitsplatz von Markus Seibert. © Red

Dass der Hessische Landtag während des Plenums Schauplatz für spannende Reden und Debatten ist, wird bei einem Blick in den Livestream schnell klar. Aber auch hinter den Kulissen geht es während der Sitzungen hoch her.

Plenartag in Wiesbaden. Es ist 6.30 Uhr. Markus Seibert schließt sein Büro auf und betritt den Raum mit dem großen Schreibtisch, auf dem mehrere Ordner und Stapel an Laufmappen auf ihn warten. Die Abgeordneten kommen zwar erst in ein paar Stunden zum Plenum im Hessischen Landtag zusammen. Für Mitarbeiter des Bereichs Parlament beginnt der Arbeitstag aber schon deutlich früher. Das Team aus acht Mitgliedern ist dafür zuständig, die Plenarsitzungen vorzubereiten, zu begleiten und nachzubereiten.

»An einem Plenartag kann es schon mal sehr hektisch werden«, sagt Seibert, der zum Dienst immer im Anzug erscheint. Regelmäßig werden morgens vor dem Plenum oder sogar während einer laufenden Sitzung kurzfristig Anträge eingereicht. »Wir haben einen digitalen Workflow entwickelt, mit dem wir die Anträge papierlos bearbeiten. Danach werden die Initiativen im automatisierten Prozess in den Sitzungsdokumenten des Plenums aufgenommen«, sagt er.

Die Drucksachen werden von seinem Bereich geprüft, lektoriert, zusätzlich an die hauseigene Landtagsdruckerei weitergeleitet und von den Boten auf den Plätzen der Abgeordneten verteilt. Außerdem landen viele E-Mails von Fraktionen im Postfach von Markus Seibert, die parallel zum Plenargeschehen beantwortet werden müssen.

»Das Spannende ist, dass man in der Politik direkt mit drinsitzt - an vorderster Front sozusagen«, erläutert er. Das ist sogar wortwörtlich zu verstehen: Während des Plenums nehmen er und seine Kolleginnen und Kollegen im Wechsel direkt neben dem Präsidium Platz. Von dort aus behalten sie das Geschehen im Saal im Blick und betätigen die Redezeitanlage. Die Redner der Fraktionen und der Landesregierung, die Länge der Debatten - all das lässt sich mittels Touchscreen ansteuern. Auf dem Tisch neben dem Monitor liegen stets der aktuelle Ablaufplan der Plenarsitzung und die Geschäftsordnung des Hessischen Landtages. »Das kleine rote Buch ist unser täglich Brot«, sagt Seibert. »So können wir den Landtagspräsidenten und die Vizepräsidentinnen und -präsidenten auch während der Sitzungen beraten.«

Die Planung eines Plenums beginnt direkt im Anschluss an die gerade beendete Sitzungsrunde. Um den Ablauf kümmert sich der Bereich Parlament. »Es gibt gewisse parlamentarische Gepflogenheiten«, erläutert Seibert. Fragestunde, Regierungserklärung, Gesetzentwürfe, Aktuelle Stunden - setzt man all diese Punkte aneinander, ergibt sich daraus schon eine grobe Struktur. Diese Struktur wandert von Seiberts Schreibtisch aus zu den Posteingängen des Ältestenrates und der Parlamentarischen Geschäftsführer der sechs Landtagsfraktionen.

Bleibt es bei der vorgegebenen Reihenfolge der Tagesordnungspunkte? Werden Redezeiten gekürzt oder verlängert? Die Mitglieder der Gremien ziehen die Stellschrauben noch einmal an und finalisieren den Ablauf. »Es kann sein, dass sich der Plan dann vollständig ändert.«

Seit 16 Jahren ist er im Bereich Parlament tätig - ein Wechsel innerhalb der Verwaltung kam für ihn bisher nicht infrage. »Da bin ich ein sehr konservativer Mensch«, sagt er. Umso überraschter könnte man sein, wenn man sich den beruflichen Werdegang des 43-Jährigen vor Augen führt: Markus Seibert hat Orgelbauer gelernt und eine Weile als Schreiner gearbeitet. Nach einer Umschulung in der Verwaltung des Landkreises Gießen landete er 2005 per Zufall im Landtag in Wiesbaden. Bereut hat er das nicht. »Ich weiß, was ich habe. Meine Aufgabe ist sehr abwechslungsreich, nicht zuletzt auch wegen des Geheimschutzes.«

Neben der Betreuung der Geheimschutzgremien des Landtages gehört auch die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter dazu, die mit Unterlagen zu tun haben, die als Verschlusssache eingestuft sind. »Das gilt sogar für die Boten, die die Akten im Haus transportieren, oder den Hausmeister, der Zugang zu den Lagerräumen hat«, sagt Seibert. Aber auch das Personal, das von den Fraktionen für die Arbeit in den geheimen Gremien eingestellt wird, muss gecheckt werden. »In den letzten Jahren hat das Pensum in diesem Aufgabenbereich stark zugenommen«, sagt er. »Musste bis zur 19. Wahlperiode nur eine Handvoll Personen sicherheitsüberprüft werden, liegen die Zahlen heute bei 70 bis 80.«

Inzwischen ist es im Parlament Abend geworden. Nach den Abstimmungen geht es für Seibert vom Plenarsaal aus zurück in sein Büro, das nur wenige Schritte entfernt liegt. Die Stapel an Ordnern und Laufmappen sind während des Sitzungstages nicht kleiner geworden, außerdem beginnt die Arbeit morgen wieder von Neuem. Denn nach dem Plenum ist vor dem Plenum.

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