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Urteil zu islamischem Unterricht

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Schulbücher , die für den islamischen Religionsunterricht verwendet wurden. FOTO: DPA © DPA Deutsche Presseagentur

Rechtswidrig - die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist eindeutig: Das Land Hessen hätte den in Zusammenarbeit mit DITIB erteilten islamischen Religionsunterricht nicht aussetzen dürfen. Wie es nun weitergeht, ist aber noch völlig unklar.

Das Land Hessen hat im Streit um den 2020 gestoppten islamischen Religionsunterricht mit dem türkischen Moscheeverband DITIB eine juristische Niederlage erlitten. Die Entscheidung, den Unterricht wegen Zweifeln an der grundsätzlichen Eignung des Kooperationspartners DITIB auszusetzen, sei rechtswidrig, entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof. Das Land sei dazu nicht befugt, teilte das Gericht gestern in Kassel mit (Az. 7 A 1802/21.Z).

Ein Urteil aus erster Instanz des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ist damit rechtskräftig. »Wir werden nun prüfen, welche Konsequenzen aus der nun gegebenen Sach- und Rechtslage zu ziehen sind und welche Handlungsoptionen bestehen«, teilte das hessische Kultusministerium mit. »Auch wenn wir uns einen anderen Ausgang des Rechtsstreits gewünscht hätten, respektieren und akzeptieren wir selbstverständlich, dass sich das Verwaltungsgericht Wiesbaden und der Hessische Verwaltungsgerichtshof unserer Rechtsauffassung nicht angeschlossen haben.«

VGH bewertet DITIB selbst nicht

Offen bleibt, ob der islamische Religionsunterricht mit dem Partner DITIB in Hessen wiederaufgenommen wird. Das Land könnte den Bescheid, der 2012 die Grundlage für die Zusammenarbeit bildete, auch wieder aufheben. Den Vollzug auszusetzen und den Unterricht landesweit einzustellen, sei jedoch nicht möglich, entschied der VGH. Die Religionsgemeinschaft DITIB-Hessen teilte mit, sie werde »zur Verwirklichung dieser verfassungsrechtlich geschützten Grundrechte mit ihrer Kooperationspartnerschaft beim islamischen Religionsunterricht beitragen«. Sie blicke mit Zuversicht auf die wiederaufzunehmende Partnerschaft mit dem Kultusministerium, um den bereits zuvor stattgefundenen »ordentlichen Religionsunterricht« für Schüler anzubieten. In Hessen war der sogenannte bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht zusammen mit DITIB zum Schuljahr 2013/14 eingeführt worden. Zunächst an Grundschulen, ab dem Jahr 2017/2018 auch an ersten weiterführenden Schulen. Nach Angaben des Verwaltungsgerichtshofs wurde der Unterricht im Schuljahr 2019/2020 schließlich an 62 Schulen in Hessen angeboten.

Im April 2020 kündigte das Kultusministerium dann an, den Unterricht im darauffolgenden Schuljahr auszusetzen. Als Begründung wurden Zweifel angeführt, ob der Kooperationspartner DITIB ausreichend unabhängig vom türkischen Staat sei. Das Land berief sich dabei auf Gutachten. Mit diesen Gründen, die letztlich zum Stopp führten, haben sich die Gerichte bei ihren Entscheidungen aber nicht näher befasst.

Nach Aussetzung des Unterrichts zog der Moscheeverband DITIB vor Gericht und war mit seiner Klage in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden erfolgreich. Der VGH bestätigte nun dieses Urteil. DITIB habe Anspruch auf Erteilung des islamischen Religionsunterrichts aufgrund des Einrichtungsbescheids vom 17. Dezember 2012. Dieser Verwaltungsakt begründe »unmittelbar und rechtsverbindlich ein auf Dauer angelegtes Kooperationsverhältnis mit dem Verein« und gewähre einen Anspruch auf aktive Zusammenarbeit. Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit DITIB hatte das Land den islamischen Religionsunterricht selbst in die Hand genommen. Dazu führte es das Fach Islamunterricht ein, das anders als der konfessionsgebundene Religionsunterricht ohne explizites Bekenntnis zum Glauben ist. Der Islamunterricht unter alleiniger staatlicher Verantwortung richtet sich nach Angaben des Kultusministeriums mittlerweile an Schüler der Jahrgangsstufen eins bis neun. Es gibt aber weiterhin auch einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht an hessischen Schulen, der von der Religionsgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland erteilt wird.

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