Überwachung sorgt für Kontroverse

Bei jedem Gang zur Packstation oder zum Sportplatz könnte künftig jeder in Hessen per Video überwacht werden. Davor warnt die Landtagsopposition. Der Innenminister verteidigt die geplanten Sicherheitsgesetze. Auch die Energiewende und ein möglicher Nachfolger für das 9-Euro-Ticket waren gestern Thema im Landtag.
Die Opposition im hessischen Landtag übt weiter massive Kritik an der geplanten Ausweitung der Videoüberwachung im Kampf gegen Kriminalität. Der Gesetzentwurf der Landesregierung gehe zu weit, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Rudolph am Donnerstag im Landtag in Wiesbaden. »Jedes Gesetz, das die innere Sicherheit betrifft, muss die Balance wahren zwischen den berechtigten Sicherheitsinteressen und den grundgesetzlichen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger.«
Diese Balance fehle den Plänen von Innenminister Peter Beuth (CDU) für eine pauschale Ausweitung der permanenten Videoüberwachung auf alle Bahnhöfe, Flughäfen, Sportstätten, Einkaufszentren und sogar Packstationen vollständig, kritisierte Rudolph. Der FDP-Abgeordnete Jörg-Uwe Hahn warf Schwarz-Grün vor, die Sicherheitsgesetze dermaßen verschärfen zu wollen, dass eine nahezu grenzenlose Videoüberwachung möglich werde.
Für eine solche Maßnahme müssten aber tatsächliche Anhaltspunkte für Kriminalität die Grundlage sein, mahnte Hahn. »Wir wollen jeweils eine Verhältnismäßigkeit gesichert haben, wir wollen immer eine Abwägung haben zwischen der Sicherheit auf der einen Seite und der Freiheit auf der anderen Seite.«
Der Innenexperte der Linksfraktion, Torsten Felstehausen, kritisierte, mit dem zweifelhaften Hinweis auf Sicherheitsaspekte werde mit den geplanten Regelungen für die Videoüberwachung massiv in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen. »Vor allem in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung«, sagte er.
Innenminister Peter Beuth (CDU) verteidigte die Pläne der Landesregierung und erklärte, die Verhältnismäßigkeit einer Videoüberwachung werde gesetzlich festgehalten. Die Erfahrungen der Polizei zeigten, dass beispielsweise Drogenhändler ihre Ware gerne über Packstationen verschickten. Daher könne es nötig werden, im Einzelfall solche Stationen per Video zu überwachen.
»Gute Chancen« für Flatrate-Ticket
Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sieht unterdessen gute Chancen für eine Lösung bei den Gesprächen für eine Nachfolge des 9-Euro-Tickets. Mitte Oktober sei die nächste Verkehrsministerkonferenz in Bremerhaven, sagte Al-Wazir. Es gebe gute Chancen, gemeinsam ein Flatrate-Ticket zu einem attraktiven Preis hinzubekommen. Der Preis werde höher als neun Euro, aber im Vergleich zu den derzeitigen Preisen im ÖPNV immer noch attraktiv sein. Der Bund müsse sich jedoch an den Kosten beteiligen, damit das bestehende Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erhalten und neue Angebote geschaffen werden können, betonte der Minister.
Kritik am Tempo der Energiewende
Auch die Energiewende war gestern Thema im Landtag. Aus Sicht der Opposition kommt sie zu langsam voran. »Die Landesregierung hinkt der Entwicklung im Energiesektor dramatisch hinterher«, sagte Axel Gerntke von der Linksfraktion. Insgesamt lahme der Solarausbau, auch der Windkraftausbau komme in Hessen langsamer voran als anderswo.
Kritik kam auch von der SPD. Die bisher von Hessen erreichten 1,9 Prozent der Landesflächen für Windanlagen seien nicht das anvisierte Zwei-Prozent-Flächenziel, sagte der Sozialdemokrat Stephan Grüger in einer Debatte zum geplanten Solarpaket der Bundesregierung.
Widerstand gegen AfD-Antrag
Die AfD-Fraktion ist mit einem Antrag zum Thema Sexualerziehung auf den versammelten Widerstand des Parlaments gestoßen. Dem Beitrag liege »eine massive Abwertung von Menschen zugrunde, die in ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität vom ausschließlich heterosexuellen Leitbild der AfD abweichen«, sagte der Grüne Frank Diefenbach.
Die AfD-Fraktion hatte eine Rückkehr zu einer früheren Fassung des Sexualerziehungslehrplans an den Schulen gefordert. Sie kritisierte unter anderem, dass der aktuelle Lehrplan nicht mehr zur »Toleranz« von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen erziehen soll, sondern zur »Akzeptanz«.

