Üben für den Ernstfall

Ob schlimme Hitzewellen, Starkregenkatastrophen oder Dürren - im Zuge der Klimakrise werden Extremwetterereignisse zunehmend häufiger und heftiger, auch in Hessen. Das Land bereitet sich schon jetzt auf diese Herausforderungen der Zukunft vor. Unter anderem mit dem neuen KLIMPRAX-Projekt.
Bilder, die wir bis vor wenigen Jahren hauptsächlich aus fernen Ländern kannten, werden auch in Deutschland in Zukunft immer häufiger zu sehen sein. Die Szenen der Flutkatastrophe im Ahrtal haben sich bei vielen Menschen ins Gedächtnis eingebrannt. Das gilt auch für die politisch Verantwortlichen - gerade weil inzwischen bekannt ist, dass im Zusammenspiel der Behörden in der Flutnacht vieles schiefgelaufen ist.
Hessen möchte nun sicherstellen, dass die Behörden hier im Katastrophenfall Hand in Hand arbeiten, um Menschen, Häuser und die kritische Infrastruktur zu schützen. Dazu hat Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) zusammen mit Experten des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) das neue Projekt KLIMPRAX ins Leben gerufen. Der Name steht für »Klimawandel in der Praxis«.
»Es geht darum, das sensible Netzwerk kritischer Infrastrukturen (KRITIS) zusammen mit den hessischen Behörden fit zu machen für kommende Wetterextreme«, betont HLNUG-Präsident Thomas Schmid bei einer Pressekonferenz zusammen mit der Umweltministerin. Ziel des Projekts sei es, »Lücken im Zusammenspiel aller Beteiligten zu identifizieren«, erklärt Hinz. Dabei gehe es nicht nur um die Abläufe und Verantwortlichkeiten zwischen verschiedenen Verwaltungsstäben, sondern auch darum, die Abstimmung mit den Betreibern von kritischen Infrastrukturen zu verbessern, ergänzt Schmid.
Von 2023 an sollen im Rahmen des Projekts verschiedene Krisenszenarien erarbeitet werden für Klimaextreme wie Dürren, Starkregen und Winterstürme. »Wir fangen an mit dem Regierungspräsidium Kassel und dem Landkreis Kassel, Danach sollen vergleichbare Szenarien für alle anderen hessischen Regionen erarbeitet werden. Insgesamt seien in Hessen neun Übungen geplant: In allen drei Regierungspräsidien zusammen mit je einem Landkreis. Indem sich die Verantwortlichen besser kennenlernen, könnten Zuständigkeiten, Kompetenzen und Abläufe im Vorhinein geklärt werden, um im Krisenfall die Reaktionszeit zu verbessern, hofft das Ministerium. »Die Ergebnisse werden in einen Leitfaden und Handlungsanweisungen an die zuständigen Behörden einfließen«, kündigt Schmid an.
Damit die Rettungsketten künftig besser funktionierten, müsse beispielsweise bei den Meldewegen festgelegt werden, wann etwa bei Starkregen »vom Landkreis auf das Regierungspräsidium umgeschaltet wird«, sagt der Experte vom HLNUG. Auch die Bundeswehr solle im Ernstfall einbezogen werden. Die entscheidende Frage sei: »Wann muss die Aktivierung erfolgen und wie«, erläutert Schmid.
Die kritische Infrastruktur, wie etwa die Energie- und Wasserversorgung, bilde »das Nervensystem unserer modernen Gesellschaft«, so Schmid. Die Gesundheit, die Sicherheit und das wirtschaftliche sowie soziale Wohlergehen der Bevölkerung hänge entscheidend davon ab. Deshalb müssten auch etwa die Energie- und Wasserversorger mit in das Projekt einbezogen werden.
Der Opposition im Landtag gehen die Pläne unterdessen nicht weit genug. So bemängelt etwa Torsten Felstehausen (Linke), Schwarz-Grün lasse »in unverantwortlicher Weise Zeit verstreichen, statt entschlossen die notwendigen Maßnahmen voranzubringen«.