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Tag eins nach der Wahl: Opposition attackiert Schwarz-Grün

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Wiesbaden - Nicht einmal 24 Stunden hatte der neue hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) Zeit, seinen Wahlerfolg zu genießen. Die Opposition im hessischen Landtag nahm den frisch gekürten Regierungschef bereits gestern ins Visier und schüttete jede Menge Kritik über der schwarz-grünen Koalition aus: Auch mit Rhein an der Spitze der Landesregierung sei kein Aufbruch und keine inhaltliche Neuausrichtung, sondern stattdessen nur ein »Weiter-so« zu erwarten, mahnten Abgeordnete der Oppositionsfraktionen.

Dem widersprach der neue Ministerpräsident vehement: »Wir sind da mit Wumms und mit Energie.«

Die schwarz-grüne Koalition habe Schwung und Dynamik, um Hessen in die Zukunft zu bringen, versicherte der Nachfolger des langjährigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU). »Wir haben noch viele gute Ideen. Wir haben noch unglaublich viel vor.« Rhein kündigte an, seine politischen Ziele am 7. Juni in seiner ersten Regierungserklärung als Ministerpräsident im Landtag in Wiesbaden zu präsentieren. Als thematische Schwerpunkte nannte er die Familien, den Klimaschutz sowie eine starke Sicherheit. Er werde sich auch für eine gute Bildung, die Wirtschaft und Arbeitsplätze sowie die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Land einsetzen.

Die Landtagsopposition schenkte der Ankündigung für neuen Schwung von Schwarz-Grün dagegen wenig Glauben: »Ein neuer Ministerpräsident macht noch keine neue Politik«, betonte SPD-Fraktionschef Günter Rudolph. Nord- und Osthessen finde bei Schwarz-Grün nicht statt. Diese Regionen seien ein Raum ohne politische Bedeutung für die Landesregierung. Auch sei ein echter Bildungsaufbruch in Hessen erforderlich. »Es liegt Mehltau über dem Land«, sagte der Sozialdemokrat.

FDP-Fraktionschef René Rock mahnte, Hessen sei zur grauen Maus der Bundesländer geworden und in vielem nur noch Mittelmaß. Es brauche generell mehr Engagement und Ideen als bislang, etwa in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik sowie beim Klimaschutz und bei der Unterstützung für soziale Berufe, Pflegekräfte und Ärzte.

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Elisabeth Kula, sagte: »Der Wechsel hin zu Boris Rhein steht nicht für Aufbruch und Erneuerung. Die Regierungskoalition bekommt nur ein jüngeres, jovialeres Gesicht, doch das reicht nicht.« Notwendig sei ein sozialökologischer Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft. Überfällig seien Investitionen in die Zukunft, in Bildung, ÖPNV, Kliniken, öffentliche Infrastruktur. Es brauche Bewegung, um die Schuldenbremse abzuschaffen und Wohnen wieder bezahlbar zu machen.

Thematisch beschäftigte sich der Landtag gestern auch mit dem Finanzplatz Frankfurt. Der hessische Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) vermisst an der Frankfurter Stadtspitze Engagement bei der Förderung des Finanzplatzes in der Mainmetropole. Es müsse an der Spitze des Frankfurter Magistrats erkannt werden, dass auch der Einsatz der Stadt bei der Bewerbung um den Sitz der EU-Anti-Geldwäsche-Behörde (AMLA) erforderlich sei, sagte Boddenberg. Er nannte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) nicht namentlich, der an der Spitze des Frankfurter Magistrats steht. Der Minister sagte, er sei mit Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff (Grüne) zu dem Thema regelmäßig in Kontakt. Boddenberg kritisierte zudem, dass die Stadt beim geplanten Bau einer Europäischen Schule seit zehn Jahren nicht vorankomme. Dabei müsse sie nur einen Standort finden. Die FDP-Fraktion forderte die Landesregierung in einem Antrag auf, sich auf Bundes- und europäischer Ebene »mit höchstem Engagement« für die Ansiedlung der Behörde einzusetzen und die Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch die Fraktionen von CDU und Grünen fordern die Landesregierung auf, die Attraktivität des Standorts hervorzuheben.

Zum Thema digitaler Ausbau in Hessen brachte die SPD einen Gesetzentwurf ein. Hessen liege in Sachen Glasfaser weit hinter dem Bundesdurchschnitt auf Platz 13, sagte der SPD-Abgeordnete Bijan Kaffenberger. Es reihe sich lediglich Absichtserklärung an Absichtserklärung. Die schwarz-grüne Landesregierung setze auf eine freiwillige Selbstverpflichtung, bei der es an Transparenz über Ausbau und Versorgung mit digitaler Infrastruktur mangele. Der Gesetzentwurf solle den tatsächlichen Ausbau von Glasfasernetzen transparent machen. Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) sagte, die vorgeschlagenen Regelungen wären unnötig, denn dies sei auf Bundesebene bereits geregelt. dpa

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