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Sternenwelt Vogelsberg: Von Außerhalb 70 ins All

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Ihre Feinde heißen Luftverschmutzung und Luftunruhe: Wir haben die Astronomen der Sternenwelt Vogelsberg besucht und nicht nur spektakuläre Bilder mitgebracht.

Es ist dunkel, nachts um 22.30 Uhr. Feldatal in 450 Metern Höhe: Mit dem bloßem Auge ist der Jupiter zu erkennen, einige Sterne leuchten. Aber das war’s am Neumondabend vergangenen Samstag auch schon. Das Wetter macht den Astronomen der Sternenwelt Vogelsberg einen Strich durch die Rechnung. »Wie so oft«, sagt Reinhard Braden. »Das Wetter und die Lichtverschmutzung – der zunehmend aufgehellte Nachthimmel – sind die Feinde der Astronomen«, betont er.

Teleskope als Zeitmaschinen

Hinzukomme noch die Luftunruhe, das sogenannte Seeing. Das Flimmern, das durch aufsteigende warme Luft entsteht, könne die Planeten- und Mondbeobachtung, über die Braden an diesem Abend referiert, erschweren.

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Grundsätzlich sind die Bedingungen im Vogelsberg sehr gut, um in die Sterne zu gucken, sagt auch der 2. Vorsitzende des 2006 gegründeten Vereins, Walter Gröning. »Je dunkler, desto besser ist es natürlich. Und hier gibt es relativ wenig Lichtverschmutzung«, erklärt der Bad Nauheimer. Der Speckgürtel von Gießen ist auszumachen – allerdings in einigermaßen weiter Ferne. »Ab circa 23 Uhr werden Straßenbeleuchtung und Co. in den meisten Städten und Gemeinden gedimmt«, erzählt Astrophysiker Gröning, der auch im Vorstand der Sternwarte Wetterau mitarbeitet. Ab dieser Uhrzeit geht es dann noch besser mit dem Observieren der Himmelskörper in der Sternwarte in Feldatal – die genaue Adresse übrigens recht passend zum All »Außerhalb 70«. Seit 2008 kann man von hier mit unterschiedlichen Teleskopen diverse Planeten, Galaxien, Mond und Sterne beobachten. Tagsüber auch die Sonne. Dafür kommen neben den rund einhundert Vereinsmitgliedern und interessierten Besuchern aus der Region Hobby-Astronomen aus ganz Deutschland und sogar aus Dänemark mitten ins Hessenland, erzählen Braden und Gröning.

Die beiden sind, wie so viele, seit ihrer Kindheit fasziniert von Himmelskörpern und den Weiten des Weltalls. So auch der gebürtige Ulrichsteiner Dr. Kai Noeske, der heute als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg arbeitet. »Als kleiner Junge wurde ich im Winter auf dem Schlitten gezogen, als mein Blick auf den Mond fiel«, erzählt Noeske mit einem Schmunzeln, wie seine Leidenschaft für die Astronomie entfacht wurde. Der Mond hat es ihm seitdem angetan – und nicht nur ihm. Hunderte Millionen Menschen haben bereits Ende der 60er Jahre die bemannten Mondlandungen an Bildschirmen verfolgt: »Wie gebannt saß ich 1969 vor dem Fernseher«, erzählt Gertraud Eifert, die sich als Amateur-Astronomin vor allem mit der Sonne und »allem was noch weiter weg ist« – dem sogenannten Deep Sky – befasst. Dazu gehören Galaxien, mit denen sich auch Noeske beschäftigt.

Der Forscher, der vier Jahre für die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) in Baltimore, USA, am Hubble-Teleskop arbeitete, sagt: »Teleskope sind Zeitmaschinen – je weiter man rausguckt, desto weiter schaut man in die Vergangenheit.« Mit dem Hubble seien Objekte entdeckt worden, mit denen man dem Ursprung des Universums schon ziemlich nahe komme, sagt Noeske, der übrigens herausgefunden hat, dass Galaxien eine Art innere Uhr haben. Das heißt: Sie entwickeln sich abhängig von ihrer Masse im Gleichschritt. »Dabei produzieren die kleineren ihre Sterne langsamer – sie sind sparsamer mit ihrem Treibstoff«, sagt der Naturwissenschaftler.

Besondere Entdeckungen machen die Sternenfreunde im Vogelsberg in der Regel nicht, wie der 2. Vorsitzende Gröning erzählt: »Wir beobachten und fotografieren aus Leidenschaft«. Es gebe auch kleine Sternwarten, die aktiv nach neuen Sternen suchen, aber das sei einfach nicht so spannend.

Ein Föhn unter der Kuppel

Reinhard Braden, der Referent des Abends und Gründungsmitglied des Vereins, findet zum Beispiel Krater, die durch Einschläge auf dem Mond oder Planeten entstanden sind, ungemein interessant. »Krater gehören zu meinen Lieblingsobjekten«, erzählt Braden, der wie Gröning, mit den Instrumenten vor Ort bereits zahlreiche faszinierende Aufnahmen gemacht hat.

Unter einer Kuppel mit vier Metern Durchmessern steht das Hauptinstrument der Sternenfreunde: Das Cassegrain – ein großes Spiegelteleskop. Steht man daneben, fällt der Blick auf einen Föhn. Ein Föhn? Ja – richtig gelesen, und die Erklärung ist auch gar nicht kompliziert wie andere Dinge in der Welt der Astronomie. Da die Instrumente alle sehr empfindlich sind, muss man Vorsicht walten lassen und darf etwa bei Tau nicht einfach mit einem Lappen über die Linsen und Spiegel wischen. »Beschlagen die Scheiben, werden sie trocken geföhnt«, erläutert Gröning. Eine einleuchtende Erklärung nachts um 22.30 Uhr in Feldatal – den trüben Himmel über dem Vogelsberg im Blick. Danica Rehder

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