SEK-Beamte nehmen Aussagen teilweise zurück
Homberg/Gießen (bac). Am fünften Verhandlungstag im Berufungsprozess um die A49- Aktivistin »Ella« stand die Befragung von vier vermummten SEK-Beamten an - und sie brachte teilweise erstaunliche Ergebnisse. Ella - wie die Angeklagte genannt wird - hat bis heute ihre Identität nicht preisgegeben, weder Nationalität noch Ursprungssprache sind von ihr bekannt.
Ihr wird gefährliche Körperverletzung gegen Vollzugsbeamte zur Last gelegt. Ereignet haben soll sich der Vorfall am 16. November 2020 bei der Räumung des Dannenröder Forsts. Ein Hauptargument in der ersten Instanz war gewesen, dass einer der SEK-Beamten, der sie vom Baum herunterholen sollte, nur ungenügend, nämlich nur durch ein Seil, gesichert gewesen sei. Dadurch, dass sie ihn getreten habe, habe sie sich der schweren Körperverletzung schuldig gemacht, da der Beamte durch seine unzureichende Sicherung zu Schaden hätte kommen können.
Doch mit weiterem Seil gesichert
Die polizeilichen Filmaufnahmen sprechen eine andere Sprache. Daher korrigierte jener Polizist, der nur unter seiner Kennnummer 214 bekannt ist, seine vor dem Amtsgericht getätigten Angaben. Er gab zu, dass er wohl doch mit einem weiteren Seil am Baum gesichert gewesen sei.
Das habe er bei seiner ersten Aussage »vergessen«. Erst durch die Betrachtung des Dokumentarfilms »Ella«, der im Netz zugänglich ist, habe er gesehen, dass er mit einem weiteren Seil im Baum gesichert gewesen sei. Angriffspunkte für die Verteidigung lieferte auch das Attest, das er einige Tage später vorgelegt hatte. Die Verteidigerinnen stellten die Glaubwürdigkeit infrage, da das Attest nicht unterschrieben wurde, der Name des Arztes geschwärzt ist und der Beamte noch weitere Tage Dienst im Forst absolvierte. »Die Schulter- und Nackenprobleme sind erst nach ein paar Tagen auffällig geworden«, sagte er dazu.
Falsche Angabe des Vorgesetzten
Auch die weiteren Beamten relativierten teilweise ihre Aussagen, da die filmischen Dokumentationen teilweise ein anderes Bild zeigen. Der SEK-Beamte mit dem Kürzel »D111« sagte aus, dass er vom Knie der Angeklagten getroffen wurde, stärkere Verletzungen habe er nicht davongetragen. Damit widersprach er einer Angabe, die sein Vorgesetzter über ihn gemacht hatte. Dieser sagte, dass der Mann ein Hämatom vom Einsatz mitgebracht habe. Eine klare Aussage bekam das Gericht in puncto Wurf von mit Flüssigkeiten gefüllten Flaschen vom Beamten »D333« zu hören. Er bestätigte, dass zu Beginn der Aktion eine Flasche mit Öl vom Baumhaus in Richtung Beamte geworfen wurde, wer der Werfer war, das konnte er nicht sagen, da sich zu dem Zeitpunkt zwei Personen in dem Baumhaus befunden haben. Am Ende des Gerichtstags wurde deutlich, dass der Film »Ella« bei der Urteilsfindung eine Rolle spielen wird. Diese Tatsache werten die Unterstützer von »Ella« schon als großen Erfolg, denn die Filmaufnahmen wurden beim ersten Urteil nicht im gleichen Umfang berücksichtigt.