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Pandemie bremst Integration aus

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Unterrichtsmaterialien bei einem Kurs für Zuwanderer des Bundesamtes für Geflüchtete (BAMF). © DPA Deutsche Presseagentur

Schlechteres Einkommen, mehr Stress und mehr Einsamkeit: In der Corona-Pandemie haben viele Menschen aus Zuwandererfamilien die negativen Auswirkungen stärker gespürt. Hessens Integrationsmonitor zeigt aber noch andere Unterschiede zur Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte.

Zugewanderte und ihre Kinder haben besonders unter den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie in Hessen gelitten. Das erklärte Sozialminister Kai Klose (Grüne) am gestrigen Montag in Wiesbaden bei der Vorstellung des Integrationsmonitors 2022. »Während sich die soziale Integration und die Teilhabe in vielen Bereichen erfreulich entwickelt, sehen wir aber eine Stagnation bei bestimmten Indikatoren der Themenfelder Bildung und auch Arbeit.« Dies sei auch, aber nicht nur auf das Coronavirus zurückzuführen, erklärte der Minister. Die Pandemie hat laut einer repräsentativen Umfrage im Januar und Februar dieses Jahres bei allen Menschen zu psychosozialen Belastungen geführt. Allerdings hätten Befragte mit Migrationshintergrund deutlich häufiger geäußert, gestresst zu sein (54 Prozent), als Menschen ohne familiäre Wurzeln im Ausland (36 Prozent). Die gefühlte Einsamkeit habe in der erstgenannten Bevölkerungsgruppe 40 Prozent betragen (Menschen ohne Einwanderungsgeschichte: 36 Prozent).

Rund ein Viertel der Befragten aus Zuwandererfamilien beklagte eine schlechter gewordene Einkommens- und Arbeitssituation wegen der Pandemie, wie Klose ausführte. Unter Personen ohne Migrationshintergrund seien es deutlich weniger.

Der Integrationsmonitor untersucht seit 2010 die Lebenssituation von Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte, unter anderem auch die Gesundheit und das Zugehörigkeitsgefühl. Die erfassten Indikatoren basieren den Angaben zufolge auf Daten amtlicher Statistiken und sozialwissenschaftlicher Befragungen.

In Hessen lebten 2021 mehr als 2,2 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, wie Klose erläuterte. Dies entspreche einem Anteil von 36 Prozent. Im Jahr 2017 waren es noch 33 Prozent gewesen. Der Anteil der Kita-Kinder mit einer nicht deutschen Familiensprache lag 2019 laut Monitor bei 35 Prozent. Bei der schulischen Bildung klafft der Studie zufolge nach wie vor eine Lücke zwischen Bürgern mit und solchen ohne Migrationsgeschichte. 2020/2021 lag die Quote der Abiturienten bei Menschen mit ausländischen Wurzeln bei 21 Prozent, bei allen übrigen Schulabgängern bei 37 Prozent. Die Arbeitslosenquote habe 2020 unter Ausländern 12,7 Prozent betragen, unter Deutschen 4,4 Prozent.

Der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Turgut Yüksel, hat aus Anlass der Vorstellung des diesjährigen Hessischen Integrationsmonitors Minister Klose zu mehr politischem Engagement in der Integrationspolitik aufgefordert. Es sei erfreulich, dass sich in den Statistiken zeige, dass der Abstand zwischen der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund in Bereichen wie der Einkommensentwicklung oder der Gesundheit abnehme, leider bleibe aber insgesamt der Abstand zwischen beiden Gruppen groß.

Kritisch betrachtete Yüksel den Anstieg der wahrgenommene Diskriminierung: »Hessen benötigt dringend eine flächendeckende Anti-Rassismus-Arbeit auf der Grundlage eines Landesantidiskriminierungsgesetzes.« Besorgniserregend sei auch die nach wie vor bestehende Lücke im Bildungserfolg zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Hessen. Die Entwicklung der letzten zehn Jahre zeige hier keine Verbesserungen, die über ein Minimum hinausgehen. Nötig sei insbesondere ein Ausbau integrierender schulischer Bildung mit Sozialarbeit und Ganztagsangeboten.

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