»Ohne den Staat geht es nicht«

Haus & Grund-Geschäftsführer Younes Frank Ehrhardt spricht im Interview über die Angst vor stark steigenden Nebenkosten, die Folgen für das Verhältnis zwischen Vermieter- und Mieterseite und Forderungen nach Hilfe.
Herr Ehrhardt, wie stark belastet die Energiekrise jetzt schon das Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern?
Derzeit halte ich es nicht für sonderlich belastet. Natürlich wissen die Mieter- und die Vermieterseite, was wegen der hohen Energiepreise und der entsprechend steigenden Nebenkosten auf sie zukommt. Dass es deshalb zunehmend zu Konflikten kommt, beobachten wir aber noch nicht.
In Frankfurt hat ein Eigentümer wegen extrem gestiegener Gaspreise einem Mietshaus das warme Wasser abgestellt, um sich und die Mieter vor extremen Kosten zu schützen
Das ist ein Einzelfall. Diese Vorgehensweise ist natürlich zu verurteilen. Gerade in der Energiekrise ist es wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. Mieter und Vermieter müssen versuchen, gemeinsam durch die Krise zu kommen. Derartige Auswüchse sind da klar kontraproduktiv.
Haben viele Vermieterinnen und Vermieter Angst, auf den gestiegenen Kosten für das Gas sitzen zu bleiben?
Diese Sorge ist eine der häufigsten, die uns begegnet. Wir haben beispielsweise einen Handwerksmeister, der ein Mehrfamilienhaus vermietet, als Altersvorsorge. Er bekommt vom Energieversorger jetzt schon mitgeteilt, dass er höhere Abschlagszahlungen leisten muss. Er tritt also in Vorleistung, obwohl er genau weiß, dass er bei dem einen oder anderen Haushalt Schwierigkeiten bekommt, das Geld zurückzuerhalten.
Was raten Sie in dieser Situation?
Wir empfehlen, mit den Mietern zu sprechen und ihnen eine Anpassung der Vorauszahlungen vorzuschlagen. Es ist ja niemandem geholfen, wenn nach der Nebenkostenabrechnung eine riesige Summe nachgezahlt werden muss. Erfreulicherweise gehen die meisten Mieterinnen und Mieter darauf ein.
Der DMB-Mieterschutzverein Frankfurt schlägt vor, dass die öffentliche Hand, etwa über einen Fonds, Mieterhaushalte, die die Nachforderungen bei den Heizkosten nicht tragen können, finanziell unterstützt. Was halten Sie davon?
Davon halten wir sehr viel. Es gibt nicht wenige Menschen, gerade im Ballungsraum Rhein-Main, die jetzt schon kaum über die Runden kommen. Diese Menschen muss die Politik in der Krise finanziell unterstützen.
Ist es sinnvoll, in dieser Heizperiode die Temperaturen in den Wohnungen stark zu begrenzen, wie das etwa die Frankfurter Wohnungsgesellschaft ABG will? Also beispielsweise auf 20 Grad tagsüber und 18 Grad in der Nacht?
Solche Fragen bekommen wir derzeit von vielen Eigentümern gestellt. Prinzipiell kann schon ein Grad weniger deutliche Auswirkungen auf den Gasverbrauch haben. Ich würde mir bei diesem Thema etwas mehr Flexibilität wünschen. Noch ist nicht ganz klar, was uns im Winter tatsächlich droht. Falls es aber zu massiven Engpässen in der Gasversorgung kommt, sollte man zumindest darüber nachdenken, ob niedrigere Raumtemperaturen als bisher gesetzlich vorgeschrieben in den Wohnungen möglich sein könnten.
Was erhoffen Sie sich noch an Unterstützung in dieser Krise?
Klar ist: Ohne den Staat wird es nicht gehen. Er wird Menschen mit niedrigen Einkommen helfen müssen. Ich bin aber eigentlich ganz guter Dinge, dass wir es schaffen, durch diese schwierige Zeit zu kommen. Schon in der Corona-Krise sah es düsterer aus, als es dann kam. Damals hieß es, viele Menschen würden ihre Arbeitsplätze verlieren und könnten dann die Mieten nicht mehr zahlen. Doch das ist nicht eingetreten, weil die sozialen Sicherungssysteme gegriffen haben, aber auch, weil viele Vermieter das Gespräch mit den Mietern gesucht haben und pragmatische Lösungen erarbeitet haben.