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Mehr Sicherheit im Straßenverkehr

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Mit dem Handy am Ohr Fahrrad zu fahren oder zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs zu sein, kann beides teuer werden. »60 Euro aufwärts«, erklärt Polizist Carsten Kehr. ARCHIVFOTO: DPA © DPA Deutsche Presseagentur

Um die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern, versucht die Polizei, Radfahrer zu rücksichtsvollem Verhalten zu bewegen. Experten fordern aber auch bessere Bedingungen und mehr Platz für Fußgänger und andere schwache Verkehrsteilnehmer auf Hessens Straßen.

Ob mit dem Fahrrad, E-Scooter, Pedelec, Auto oder zu Fuß: Auf den hessischen Straßen sind Menschen mit den verschiedensten Fortbewegungsmitteln unterwegs. Alle müssen nebeneinander Platz finden. Gerade deswegen sei es besonders wichtig, die Sicherheit schwacher Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer, Fußgänger, Kinder und Senioren zu schützen, erklärt der Polizist Carsten Kehr bei einer Verkehrskontrolle im Frankfurter Stadtzentrum.

Das bedeutet für alle, sich an die Regeln zu halten. Wer auf einem Fahrrad eine rote Ampel missachtet oder beim Fahren das Handy bedient, wird ebenso wie Fahrer von E-Scootern, die zu zweit auf einem Roller unterwegs sind, bei der Kontrolle aus dem Verkehr gezogen. »Dann droht ein Bußgeld von 60 Euro aufwärts«, sagt Kehr. Die Polizei in Hessen will derzeit mit Aktionstagen für mehr Sicherheit von sogenannten schwachen Verkehrsteilnehmern sorgen.

Unwissenheit bei Verkehrsregeln

Ein großes Problem ist, dass viele Rad- und Rollerfahrer die Verkehrsregeln nicht kennen, wie eine Kollegin des Polizisten erläutert. Daher sei es besonders wichtig, mithilfe der Kontrolle auch Präventionsarbeit zu leisten. »Wir erklären die Verkehrsregeln immer wieder gerne«, sagt sie und merkt an, dass viel Aufklärungsarbeit zur Verkehrssicherheit nachzuholen sei.

Aber auch das Smartphone trage dazu bei, dass viele Leute unaufmerksam unterwegs seien, sagt Kehr: »Seien wir mal ehrlich, wie viele Leute laufen mit dem Blick aufs Handy durch die Gegend? So etwas ist für alle gefährlich.« Die Hoffnung gibt der Polizist allerdings nicht auf: »Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn alle Verkehrsteilnehmer ein bisschen mehr Rücksicht aufeinander nehmen würden, dann würde schon vieles viel besser laufen.«

Forscher sind sich jedoch einig, dass Aufklärung allein nicht ausreicht. Stattdessen müssten für mehr Sicherheit auch Rad- und Fußwege ausgebaut werden. Historisch gesehen seien Straßen zwar lange Zeit vielfältig und nebeneinander genutzt worden, erklärt Marissa Reiserer von der Uni Kassel. Mit zunehmender Motorisierung sei das Recht von Autofahrern aber immer mehr in den Vordergrund gerückt: »Das Auto sollte freie Fahrt haben«, erklärt die Verkehrsforscherin. Obwohl die Städteplanung laut Reiserer inzwischen nicht mehr das Ziel der autogerechten Stadt verfolgt, tragen die Städte dieses Erbe noch immer in sich.

Vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie habe es einen Anstieg an Fahrrädern auf Hessens Straßen gegeben, erläutert die Professorin und Verkehrsplanerin der Frankfurt University of Applied Sciences, Petra Schäfer, ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen. »Die Politik muss diesen Effekt unterstützen.« Bessere Infrastruktur, mehr Direktverbindungen wie Radschnellwege, aber auch ein Winterdienst auf Radwegen seien erforderlich. »Hessen hat sich hier beispielsweise schon auf den Weg gemacht, es gibt aber noch viel zu tun.«

Daher spricht sich Schäfer für eine Reduzierung von Fahrspuren für Autos aus, um die Sicherheit von schwachen Verkehrsteilnehmern zu erhöhen. »Am Beispiel Frankfurt kann man gut sehen, dass Fahrspuren weggenommen wurden, um den Radfahrern mehr Platz zu geben.« Das geht laut der Forscherin zwar zulasten des Autoverkehrs. Gemeinsame Wege für Radfahrer und Fußgänger fördern aber Konflikte, weil dann beide Gruppen zu wenig Platz haben. Mehr Rad- und Gehwege führten nicht nur zu einer lebenswerten Stadt. Aus Sicht der Forscherin kann nur so die Verkehrswende funktionieren.

Katalin Saary, Vorstandsmitglied von FUSS e. V., dem Fachverband Fußverkehr Deutschland, sieht eine weitere Möglichkeit, Straßen für vulnerable Gruppen sicherer zu gestalten. Laut der Expertin könnte man die Geschwindigkeit für Autos verringern, sodass der Auto- und der Radverkehr nach Möglichkeit gemeinsam Fahrbahnen nutzen können. »Oder es werden Fahrradstraßen eingerichtet, wo die Autos zu Gast sind.«

Für eine erhöhte Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer sorgen laut dem ADAC Hessen auch auffällige Markierungen von Radwegen sowie ein ausreichender Sicherheitsabstand zum fließenden Verkehr und zu parkenden Fahrzeugen. Der Autoclub fordert den Ausbau von Parkmöglichkeiten in Parkhäusern, Quartiers- und Tiefgaragen. Außerdem appelliert der ADAC an alle, keine Fahrzeuge auf den Rad- und Fußwegen abzustellen.

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