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Kommunen droht Personalmangel

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Der Landesrechnungshof warnt: Viele Beschäftigte von Städten und Gemeinden gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Doch um den Nachwuchs wirbt auch die Privatwirtschaft.

Wenn der Landesrechnungshof die Finanzen der hessischen Kommunen prüft, folgt meist ein Appell, sorgsam mit den Steuergeldern umzugehen. Das gilt natürlich erst recht in Krisenzeiten wie diesen, und so fehlte auch bei der Vorlage des jüngsten Prüfberichts am Freitag in Wiesbaden eine solche Mahnung nicht. Doch Rechnungshofpräsident Walter Wallmann ließ noch mit einer anderen Warnung aufhorchen: Den Städten und Gemeinden steht offenbar ein ziemlicher Exodus des Personals ins Haus, der nicht so ohne Weiteres durch die Einstellung von Nachwuchs ausgeglichen werden kann.

Im Prüfjahr 2021 arbeiteten insgesamt rund 127 000 Männer und Frauen in den Rathäusern der hessischen Kommunen und ihren Dienststellen. Fast die Hälfte von ihnen, nämlich 45 Prozent, sind 50 Jahre oder älter, werden also in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Besonders krass ist das Verhältnis in der Gemeinde Berkatal im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis. Dort waren im vergangenen Jahr tatsächlich alle Mitarbeiter 50 Jahre und älter. »Wegen des akuten Fachkräftemangels wird es für die Kommunen schwierig sein, die Stellen nachzubesetzen«, mahnt der Rechnungshofpräsident und spricht damit ein Problem an, das auch für die Bürger spürbar werden dürfte.

Wenn eine Vielzahl an Stellen nicht mehr besetzt sein wird, können auch die Aufgaben der öffentlichen Hand nicht mehr so wahrgenommen werden wie bisher. Der Personalgewinnung werde also künftig eine sehr hohe Bedeutung beikommen, sagt Hessens oberster Rechnungsprüfer. Und freut sich angesichts der zu erwartenden Probleme nicht allzu sehr, dass bei unbesetzten Stellen auch weniger Geld ausgegeben wird. Selbst bei der Feuerwehr gibt es schließlich Nachwuchsprobleme.

Die für die Stellenbesetzung infrage kommenden jungen Leute werden angesichts des Fachkräftemangels auch in der Privatwirtschaft nicht nur von den Kommunen umworben. Letztere stehen vielmehr »im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern aus dem privaten und öffentlichen Bereich, erläutert Wallmann. Hinzukommt: Zusammen mit den ausscheidenden älteren Mitarbeitern »geht auch ein großer Teil des Fach- und Prozesswissens verloren«.

Die Leute einfach besser zu bezahlen, um im Wettbewerb zu bestehen, ist angesichts von Krise, Schuldenbremse und höheren Energiekosten keine Lösung. Stattdessen empfiehlt der Rechnungshofpräsident ein Mittel, das er auch im eigenen Haus schon praktiziert: Dienstvereinbarungen über mobiles Arbeiten oder Homeoffice kann die Stelle attraktiver machen, lassen sich doch so oft Familie und Beruf besser vereinbaren. Auch müsse der öffentliche Dienst an einem besseren Image arbeiten. Elementar ist aber die weitere Digitalisierung. Sie erleichtert nicht nur mobiles Arbeiten, sondern auch die überörtliche Zusammenarbeit von Gemeinden, etwa mit einer gemeinsamen Gehaltsauszahlung.

Immerhin hat der Rechnungshof auch gute Nachrichten über die Finanzen der Kommunen. So haben 2021 die Städte, Gemeinden und Landkreise in den Kernhaushalten dank guter Einnahmen einen Überschuss von 412 Millionen Euro erreicht. Das Ergebnis war damit trotz anhaltender Pandemie besser als im Vorjahr. Nimmt man aber Corona, Klimakrise, hohe Energiepreise und Inflation zusammen, zeichne sich »ein sehr bedrohliches Szenario für die unmittelbare, aber auch für die mittel- bis langfristige Zukunft ab«, warnt Wallmann.

Hinzu komme, dass viele Kommunen Schulden in Fonds, Einrichtungen und ausgegliederten Unternehmen verstecken. Außerdem verteilt sich der Schatz der Kommunen recht ungleich. So teilen sich die fünf Städte Frankfurt, Marburg, Wiesbaden, Eschborn und Darmstadt alleine rund 53 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen in ganz Hessen. Sparsamkeit ist also weiter gefragt. Der Rechnungshof rät, dabei auch die Betreuungsrelation in den Kindergartengruppen, die Weihnachtsbeleuchtung und die Wassertemperatur in den Bädern in den Blick zu nehmen.

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