Hessens Gewässer immer beliebter

Anker werfen und die Seele baumeln lassen - das ist auch auf hessischen Flüssen und Seen möglich. Der Freizeit- und Sportbootbereich erlebt einen Aufwärtstrend.
Ufer-Panoramen an sich vorbeiziehen lassen und ankern in stillen Buchten: Freizeitkapitäne schippern in wachsender Zahl auf hessischen Gewässern. Erfahrene Bootsführer und die Polizei appellieren an die Neuen: Erst informieren, dann aufs Wasser gehen - und aufeinander und die Natur Rücksicht nehmen.
Die Wasserschutzpolizei in Hessen nimmt seit 2020 eine allgemeine Zunahme des Sport- und Freizeitverkehrs auf den Gewässern wahr. Ein Sprecher des für die Wasserschutzpolizei zuständigen Hessischen Bereitschaftspolizeipräsidiums führt das besonders auch auf die Einschränkungen während der Corona-Pandemie zurück. Der Anstieg betreffe Boote sowohl mit als auch ohne Motor. Konkrete Zahlen zu Motorbootfahrern in Hessen liegen demnach allerdings nicht vor.
Führerschein für Sportboote im Trend
Trotzdem registrierten die Beamtinnen und Beamten den Angaben zufolge nicht wesentlich mehr Unfälle auf dem Wasser. 2021 zählten sie 49 Sportboot-Unfälle nach 41 im Jahr zuvor. In die Statistik fließen alle Unfälle im Sportbootbereich mit ein - erfasst werden nicht nur havarierte Motorboote, sondern auch verunfallte Segelboote oder Kanus.
Wer in Deutschland auf den Binnenschifffahrtsstraßen mit einem Sportboot unterwegs sein will, braucht je nach Gewässer sowie Länge und PS-Leistung seines Gefährts einen Führerschein. Zuständig für die Prüfungen und die Erteilung eines Sportbootführerscheins sind der Deutsche Motoryachtverband (DMYV) und der Deutsche Segler-Verband. Der DMYV stellt in seinem Zuständigkeitsbereich eine höhere Nachfrage fest: »In den vergangenen vier Jahren war ein deutlich gesteigertes Interesse am Sportbootführerschein zu verzeichnen«, berichtete ein Sprecher. 2020 habe es einen »kleinen Knick« in der Tendenz gegeben, da es aufgrund des Corona-Lockdowns zu einem großen Rückstau an Führerscheinprüfungen gekommen sei. »Doch auch im Jahr 2021 und zu Beginn des Jahres 2022 setzte sich der positive Trend bei den Führerscheinanträgen der Vorjahre fort.« Der Deutsche Segler-Verband teilte im vergangenen Jahr rund 44 000 Sportbootführerscheine nach einer Prüfung aus. 2020 waren es 37 500, im Vor-Corona-Jahr 2019 rund 39 000, wie eine Sprecherin mitteilte.
Auch die Zahl der für Binnengewässer zugelassenen kleineren Sportboote in Privatbesitz ist nach Angaben der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in den vergangenen Jahren gestiegen. Der Bundesbehörde zufolge waren im Jahr 2020 (Stand Januar) bundesweit rund 406 000 solcher Boote zugelassen, 2021 waren es 419 000 und im Januar dieses Jahres fast 430 000.
Überwachung durch Wasserschutzpolizei
Allerdings können auch Verbände amtliche Kennzeichen ausstellen, sodass diese Zahlen nur einen Ausschnitt darstellen, wie eine Sprecherin erläuterte. Daten für die Bundesländer liegen der Behörde nicht vor. Hessen eignet sich aus Sicht von Karl Heinz Menges, Geschäftsführer beim Hessischen Motorbootsport-Landesverband, gut zum Schippern: »Sei es die Lahn, sei es der Main, sei es der Rhein oder die Fulda - es gibt immer Möglichkeiten, wo man ein stilles Eckchen finden und wirklich Erholung suchen kann.« Auf manchen Gewässern könne man einfach abseits vom Fahrwasser in eine Bucht hineinfahren, ankern und »den lieben Gott einen guten Mann sein« lassen. Vom Schiersteiner Hafen aus komme man überall in ganz Deutschland hin. Neuen Freizeitkapitänen rät Menges: »Das A und O ist, sich erst einmal schlaumachen, was mich auf den Gewässern erwartet. Was gibt es für Vorschriften, was muss ich beachten?« Daran mangele es teilweise. Das habe zur Folge, dass beispielsweise gesperrte Vogelschutzbereiche oder Fischlaichgründe aus Unkenntnis befahren würden. »Und dann gibt es Ärger mit der Polizei.«
Die Wasserschutzpolizei fährt regelmäßig Kontrollen und muss einige Flusskilometer und Seenflächen im Blick behalten. »In Hessen gibt es rund 525 Kilometer Bundeswasserstraßen, die für den Sport- und Freizeitverkehr nutzbar sind«, heißt es dazu aus dem Bereitschaftspolizeipräsidium. Hinzukämen noch einige Bereiche des hessischen Rheins, die sogenannten Altrheine, sowie die Edertal- und Diemeltalsperre, für die die Beamten zuständig sind. Darüber hinaus gebe es noch eine Vielzahl kleinerer Gewässer, auf denen Sportbootverkehr stattfindet.
Es sei wie im Straßenverkehr, sagt ein Polizeisprecher: Auch auf dem Wasser seien schwarze Schafe unterwegs, die Regeln missachteten. Die meisten Freizeitkapitäne aber verhielten sich sehr verantwortungsbewusst. Für alle Teilnehmenden am Verkehr auf Binnenwasserstraßen gelte: »Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme!«