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Hat sich das Ticket bewährt?

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Viel Betrieb auf den Bahnsteigen , wie hier in Frankfurt, war ein gewohntes Bild in den vergangenen drei Monaten. Das 9-Euro-Ticket wurde intensiv genutzt. © DPA Deutsche Presseagentur

Das 9-Euro-Ticket läuft heute aus. Verkehrsbetriebe haben in Hessen bei den Fahrgastzahlen eine positive Bilanz gezogen. Wie es weitergeht mit den Ticket-Preisen, wird derzeit diskutiert. Die verbilligten Fahrten im öffentlichen Nahverkehr führten aber auch zu Problemen.

Inflation und explodierende Energiepreise: Zur Entlastung der Bürger gab es im Sommer Bus- und Bahnfahrten zum Billigtarif.

?Wie war die Resonanz auf das Angebot?

Verkehrsverbünde wie der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) oder der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) ziehen bei den Fahrgastzahlen eine überaus positive Bilanz. Ihre Zahl habe sich auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie bewegt oder diese sogar übertroffen. »Die während Corona zeitweise auf rund 30 Prozent des üblichen Niveaus zurückgegangene Fahrgastnachfrage erreichte im Sommer wieder Vor-Corona-Niveau, im Durchschnitt also wieder etwa 2,5 Millionen Fahrgäste täglich«, heißt es beim RMV. Dies sieht auch NVV so. Nach einer groben vorläufigen Schätzung gehe man im Busbereich von einem Zuwachs bei den Fahrgastzahlen von rund 20 bis 30 Prozent und im Zugverkehr von 30 bis 50 Prozent aus. »Dadurch ist im NVV-Gebiet das Vor-Corona-Niveau mit rund 220 000 Fahrgästen am Tag erreicht und zum Teil sogar übertroffen worden.«

?Wie viele Tickets wurden verkauft?

Der RMV bilanzierte unlängst, dass neben den mehr als eine Million Zeitkartenkunden, deren Fahrkarten in den Monaten Juni, Juli und August automatisch zum 9-Euro-Ticket wurden, rund 2,3 Millionen der Billigtickets in seinem Einzugsgebiet verkauft wurden. Der NVV verkaufte rund 300 000 Billigtickets neben seinen 130 000 Zeitkartenkunden.

?Wie geht es weiter nach dem Aus des 9-Euro-Tickets?

Das ist noch nicht geklärt. Ein so billiges subventioniertes Monatsticket wird aber sicher nicht mehr kommen. Die Verkehrsverbünde kündigten erst einmal an, wieder zu ihrem alten Preissystem zurückzukehren. Der Ruf nach Anschlusslösungen wird aber lauter. Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) macht sich für eine Anschlusslösung stark. Er schlägt ein 31-Euro-Ticket für Bedürftige vor, zudem ein 69-Euro-Ticket für alle anderen. Die Bundesregierung müsse mehr Geld für den Personennahverkehr zur Verfügung stellen, fordert der Minister. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht keine Mittel für ein neues 9-Euro-Ticket. Der Bund hatte dieses mit 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich für die Verkehrsunternehmen finanziert.

?Hat das Ticket den öffentlichen Nahverkehr attraktiver gemacht?

»Wir freuen uns darüber, dass im 9-Euro-Ticket-Zeitraum so viele Menschen unser ÖPNV-Angebot genutzt haben. Unsere Einschätzung ist aber, dass niedrige Fahrpreise allein die Menschen nicht dauerhaft überzeugen können, mit Bus und Bahn zu fahren«, sagt NVV-Geschäftsführer Steffen Müller. Ohne einen weiteren Ausbau des Angebots, der Infrastruktur und der Digitalisierung und auskömmlicher Finanzierung werde eine Verkehrswende nicht gelingen. Das sieht man auch beim RMV so. Es sei deutlich geworden, dass es mehr Schienen, mehr Mitarbeitende und zusätzliche Fahrzeuge brauche, damit mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Jeder fünfte Käufer war dem VDV zufolge zuvor noch nie mit dem ÖPNV unterwegs gewesen. 27 Prozent waren sogenannte aktivierte Kunden, die Busse und Bahnen zuvor seltener als einmal im Monat genutzt haben.

?Wofür haben die Menschen das Ticket genutzt?

»Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, welche Potenziale der öffentliche Nahverkehr besonders im Freizeitverkehr hat«, heißt es beim RMV. Und auch beim NVV sieht man, dass viele das Angebot bei der Freizeitgestaltung nutzten. »Insbesondere an Wochenenden, Feiertagen und Brückentagen gab es eine hohe Nachfrage: In den Zügen stieg die Anzahl an Fahrgästen teilweise um das Drei- bis Vierfache an.«

?Gab es Probleme nach der Einführung des Tickets?

Da das Ticket sehr kurzfristig eingeführt worden sei und weder die Zahl der Mitarbeiter noch die Zahl der Fahrzeuge signifikant hochgefahren werden konnten, seien im Freizeitverkehr viele Fahrten hoch ausgelastet gewesen, teilte der RMV mit. »Es kam vor, dass Fahrgäste nicht in den gewünschten Zug einsteigen konnten, insbesondere die Mitnahme von Fahrrädern gestaltete sich schwierig«, heißt es beim NVV. Auch auf den Rollstuhl angewiesene Fahrgäste hätten in Einzelfällen nicht mitgenommen werden können. »Teilweise mussten Züge von der Polizei geräumt werden, da das zulässige Höchstgewicht überschritten wurde.«

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