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Handelsstraße und Lebensader

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Der Main machte Frankfurt von Anfang an zu einem zentralen Verkehrsknotenpunkt. Noch heute liegt hier einer der wichtigsten Binnenhäfen Deutschlands. FOTO: DPA © Red

Der Main: Mit seinen 524 Kilometern zählt er nach Donau und Rhein zu den größten Flüssen Deutschlands. Schon für Kelten und Römer war er Handelsstraße und Lebensader in einem. Auch bei der Gründungslegende Frankfurts spielte er eine tragende Rolle.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Stadt Frankfurt anno 794 vom Frankenkönig Karl dem Großen. Der Karolinger war auf der Flucht vor den Sachsen und suchte eine Querung über den Main. Da entdeckten Karl und sein Gefolge eine weiße Hirschkuh, die ihnen eine passierbare Furt wies - die für die Stadt namensgebende »Franken-Furt«.

Seit Karl der Große als Dank für die schier göttliche Rettung gelobte, am Ufer des Flusses eine Stadt zu gründen, haben der Main und Frankfurt ihr Antlitz mehrfach verändert. Wo einst bewaffnete Reiter am Ufer nach einer Querung suchten, genießen heute Tag für Tag Abertausende Flaneure im Schatten der Skyline das gute Wetter und die Natur.

Wichtiger Handelsweg

Der Fluss, der rund 250 Kilometer östlich von Frankfurt bei Kulmbach aus den beiden Quellflüssen Weißer Main und Roter Main entsteht, eröffnete eine vorzügliche Handelsperspektive: In der Mitte Deutschlands und im Herzen Europas gelegen, bildet der Main für die Rhein-Main-Region bis heute einen zentralen Verkehrsknotenpunkt, der über seine Mündung in den Rhein bis nach Westeuropa reicht.

Wer die Bundeswasserstraße mit dem Schiff befährt, dem erschließen sich schiffbare Handelswege, die von den Nordsee-Häfen in Rotterdam bis ins Schwarze Meer reichen. Der Main war und ist damit ein wichtiges Verbindungsstück im Flussverband der europäischen Wasserstraßen. In Frankfurt fließt er über eine Strecke von 27 Kilometern. Mit seinen drei noch aktiven Häfen - dem Osthafen und dem Flusshafen Gutleuthof sowie dem Hafen des Industrieparks Höchst - und dem regen Umschlag, der an den Häfen betrieben wird, zählt Frankfurt zu den zehn größten Binnenhäfen Deutschlands.

Weitere Häfen wie der Mainkai oder der Westhafen wurden um- oder zurückgebaut und dienen als Anlegestellen für Jachten und Ausflugsschiffe beziehungsweise als Uferpromenade. Um für den Schiffverkehr befahrbar zu sein, muss der Main eine Tiefe von mindestens 3,1 Metern haben.

Sowohl Hochwasser als auch Phasen der Trockenheit prägen die Geschichte des Flusses. Am Eisernen Steg sind Markierungen der gravierendsten Hochwasser, die für verheerende Überschwemmungen am Main sorgten, aufgezeichnet. Das prägnanteste und mit Abstand verheerendste von ihnen war das Magdalenenhochwasser von 1342. Damals überstieg der Main seinen normalen Pegel um knapp sieben Meter - die Fluten reichten bis zum Dach der Dreikönigskirche in Sachsenhausen; die Alte Brücke wurde komplett fortgeschwemmt. Die Stadt brauchte Jahre, um sich von den Folgen zu erholen.

Doch auch in den vergangenen Jahren war der Main immer wieder von Überschwemmungen betroffen - das letzte größere Hochwasser ereignete sich 2011. Dabei kam ein neues Schutzsystem zum Einsatz und verhinderte, dass das Wasser bis zum Römerberg vordrang. Der Pegel des Mains wird seit 1921 durch mehrere Staustufen reguliert. So kommt es weitaus seltener zu Ausfällen in der Schifffahrt durch Niedrigwasser als vor der punktuellen Stauung. Doch dem hiesigen Fischbestand haben Staustufen und Flussbegradigung stark zugesetzt - weshalb der Main seit den vergangenen Jahren, etwa am Fechenheimer Mainbogen, behutsam renaturiert wird.

Ein Spiegel der Klimaveränderung

Ein weiteres Naturspektakel ereignete sich bis zum 19. Jahrhundert durchschnittlich in jedem zweiten Jahr: Der Main fror oft für mehrere Wochen zu. Das erfreute die Frankfurter Bevölkerung, konnte sie doch auf der dicken Eisschicht Schlittschuh laufen. Diese Zeiten sind allerdings vorbei; seit 1963 gab es keine geschlossene Eisdecke mehr auf dem Main, was auf die immer milderen Winter, hervorgerufen durch den Klimawandel, sowie die erhöhten Temperaturen infolge eingeleiteter warmer Abwässer zurückzuführen ist.

Heute gibt es am Main 30 Wassersportvereine mit rund 5500 aktiven Mitgliedern, die in Frankfurt beheimatet sind. Der älteste von ihnen ist der Frankfurter Ruderverein von 1865, dessen Bootshaus sich auf der Maininsel an der Alten Brücke befindet. Dieses grüne Fleckchen Erde mitten im Fluss ist ein wichtiger Brutplatz für zahlreiche Wasservögel sowie Rastplatz für Zugvögel, weswegen ein Magistratsbeschluss von 1977 festlegt, die Insel wie ein Naturschutzgebiet zu behandeln. Zum Schutz der Vögel ist sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Je mehr Menschen jedoch den Main zur Erholung nutzen, umso höher ist auch die Menge an Abfall, der an den Ufern anfällt. Dem begegnet die Stadt mit über 1000 Mülleimern und täglichen Reinigungstouren, aber auch mit Aufklärungsarbeit: Die 2017 gegründete Initiative #cleanffm schafft mit ihren Aktionen und Kampagnen ein Bewusstsein für das eigene Wegwerfverhalten.

Viele Fischarten sind zurückgekehrt

Und wie steht’s um die Wasserqualität? Galt der Main noch in den 70er Jahren als einer der am stärksten verunreinigten Flüsse Europas und biologisch so gut wie tot, hat sich die Wasserqualität mittlerweile durch verschiedene Maßnahmen spürbar verbessert. Allerdings ist der Main durch die Einleitung von Abwässern keimbelastet und sollte daher nicht zum Baden genutzt werden. Die Fischerei, die mit über 1000 Jahren älteste gemeldete Zunft in Frankfurt, kam aufgrund der Verunreinigung des Flusses und dem daraus resultierenden Artensterben zum Erliegen. Die meisten der heimischen Fischarten sind inzwischen zwar in den Main zurückgekehrt, können sich aber kaum von alleine halten. Die Stadt und die Frankfurter Schiffer- und Fischerzunft wirken dem durch gezielten Besatz mit Jungfischen entgegen.

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