Halal-Label lockt Salafisten an
Die Salafisten-Szene versucht offensiv, junge Leute anzuwerben. Gezielt werden Treffpunkte wie etwa Fitnessstudios dazu genutzt. Der Verfassungsschutz hat nun auch das Umfeld von Läden mit Halal-Produkten im Blick.
Bei der Suche nach Radikalisierungsorten in der Salafisten-Szene sind die Sicherheitsbehörden rund um Moscheen und Gebetsräume unterwegs. Mittlerweile rückt aber auch das Umfeld kleinerer Läden ins Visier des Verfassungsschutzes, die sich besonders auf muslimisches Konsumverhalten spezialisiert haben. Diese häufig mit dem Aufkleber oder Label »Halal« (erlaubt) werbenden Shops könnten zu einem Szenetreff werden, weil Salafisten besonderen Wert auf den Konsum solcher Produkte legten, sagte der Präsident des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Robert Schäfer, der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden.
Das Angebot dieser Läden reicht nach Angaben der Sicherheitsbehörde von Lebensmitteln, Kleidung und Kinderspielzeug über Hygiene- und Kosmetikprodukte bis hin zu medizinischen Dienstleistungen beispielsweise für das Schröpfen. Vielen Produkten ist gemein, dass sie nur enthalten, was nach islamischem Recht erlaubt ist: Getränke dürfen beispielsweise nicht mit aufputschenden Substanzen versehen sein und Schminke keine Inhaltsstoffe vom Schwein enthalten. Daneben wächst auch die Palette an rituellem Bedarf.
Dabei bestehe die Gefahr, dass Salafisten in den Läden nicht nur als Konsumenten verkehren, sondern diese Örtlichkeiten im Einzelfall zu Treffpunkten der salafistischen Szene entwickelten, erklärte der Verfassungsschutz-Chef. »In solchen Fällen können Szenetreffs entstehen, die wir als mögliche Radikalisierungsräume in den Blick nehmen.«
Anwerber extrem aktiv
Für Oliver Bertrand vom Forschungszentrum Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität ist dieser Trend keine Überraschung. Die Szene sei beim Anwerben extrem aktiv. Gerade Jugendliche, die alleine in Geschäften unterwegs sind, würden oft angesprochen. Das könne aber auch beim Obsthändler nebenan oder selbst beim Grillen im Park sein.
»In der konkreten Arbeit habe wir noch keine Hinweise auf solche Tendenzen«, sagte der Geschäftsführer des Präventionsnetzwerks VPN, Thomas Mücke, der dpa. »Das passt aber genau in das sehr offensive Rekrutierungssystem der Szene.« Von den Salafisten würden gezielt Orte aufgesucht, wo sich Leute einer bestimmten Altersklasse aufhalten und möglicherweise sensibel auf ihre Themen reagieren. »Das sehen wir bei Fitnessstudios. Das können aber auch Fußball-Vereine sein«, erklärte der Experte.
Für Mücke ist wichtig, auf diese Entwicklung zu reagieren: Die Inhaber und Betreiber von Halal-Läden beispielsweise sollten gezielt darauf angesprochen werden, dass ihre Geschäfte zum Salafisten-Treff werden könnten, forderte er.
Violence Prevention Network ist ein Verbund von Fachkräften, die seit Jahren bundesweit in der Extremismusprävention sowie der Deradikalisierung extremistisch motivierter Gewalttäter tätig sind.
Derweil ist das Verbot des als salafistisch eingestuften Almadinah Islamischen Kulturvereins in Kassel endgültig. Die angeschlossene Medina-Moschee bleibt zu. Der Verein hätte bis Ende April gegen das vom Innenministerium verhängte Verbot klagen können. Diese Frist sei abgelaufen, damit habe das Verbot Bestand, teilte das Ministerium mit. Die Behörden würden »die Salafisten-Szene in Kassel genau im Blick behalten, damit das Verbot auch eingehalten wird«, kündigte Minister Peter Beuth (CDU) an.