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Geschlossen gegen AfD-Antrag

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Mit ihrem Antrag, die Aufnahme von Migranten aus Afghanistan zu stoppen, ist die AfD im Landtag auf breiten Widerstand gestoßen. SYMBO © DPA Deutsche Presseagentur

Normalerweise sind die Fraktionen im hessischen Landtag naturgemäß nicht einer Meinung. Beim Thema Zuflucht für Flüchtende waren sich gestern aber (fast) alle einig.

Wer vor Krieg und Verfolgung fliehen und sein Land verlassen muss, dem soll Hessen Zuflucht gewähren. »Das ist unsere humanitäre Pflicht«, sagte Sozialminister Kai Klose (Grüne) am Donnerstag im Landtag in Wiesbaden. Eine Auffassung, die alle demokratischen Parteien im Parlament mit ihm teilen. Sie lassen die AfD mit ihrem Antrag auf einen »Aufnahmestopp von Migranten« auflaufen.

Zwei Anträge, zwei Welten, zwei Werte. Da sind die Rechtspopulisten, die in der Migration eine wirtschaftliche Bedrohung für die deutsche Bevölkerung sehen und die Grenzen dichtmachen wollen. Und da sind die Grünen, die stolz auf das Landesaufnahmeprogramm für 1000 Menschen aus Afghanistan sind: ein im Koalitionsvertrag vereinbartes Hilfsangebot »für eine Gruppe Schutzsuchender mit hoher Vulnerabilität«, wie es heißt. Vor vier Jahren hineinverhandelt von den Grünen, wie CDU-Abgeordneter Max Schad betont. »Eine Koalition ist immer ein Geben und Nehmen.«

Die Opposition ist gespalten. Alle Demokraten im Plenum begrüßen das Landesprogramm. »Afghanistan ist das unsicherste Land dieser Welt«, sagt Heike Hofmann von der SPD. Das hessische Angebot mindere die Sorgen vieler der 21 000 in Hessen lebenden Afghanen, die auf der Flucht Angehörige zurücklassen mussten. Leider komme es reichlich spät.

Vor einem Jahr, sagt Saadet Sönmez von der Linken, habe die Landesregierung noch behauptet, ein eigenes Landesprogramm sei nicht möglich. Ihrer Meinung nach greifen die Pläne der schwarz-grünen Koalition zu kurz: Andere Bundesländer verzichteten auf eine »Obergrenze«. Kritik übte Sönmez daran, dass die in Hessen lebenden Angehörigen sich verpflichten müssen, für die Lebensunterhaltungskosten aufzukommen. Viele seien damit finanziell überfordert. »Lebensrettung wird wieder vom Geldbeutel abhängig.« Sie forderte die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Botschaften in Pakistan und Indien schneller die erforderlichen Visa bearbeiten.

Auch die FDP hatte in der Vergangenheit erfolglos ein Landesaufnahmeprogramm gefordert, sagt Landtagsabgeordneter Yanki Pürsün. »Wir hätten uns gewünscht, dass die Landesregierung mutiger und zügiger gehandelt hätte.« Er betont, dass auch afghanische Ortskräfte ohne Angehörige in Hessen des Schutzes bedürften.

Dem AfD-Antrag erteilt Pürsün eine Absage. Angesichts des Personalmangels, unter anderem im Gesundheitswesen, bedürfe es einer qualifizierten Einwanderung und keiner Abschottung. Mit ihrem Antrag, sagt Marcus Bocklet von den Grünen, setzten die Rechtspopulisten ihr Geschäftsmodell fort: »Widerlich und abstoßend« sei es, wie sie am rechten Rand fischten und »die Werte dieser Republik mit Füßen treten«.

Angst vor Klinikschließungen

Ein weiteres Thema im Landtag war die Finanzierung der hessischen Krankenhäuser. Die Opposition hat eine bessere staatliche Finanzierung gefordert. Insolvenzen und Schließungen drohten oder seien für einzelne Stationen oder ganze Krankenhäuser schon auf den Weg gebracht, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christiane Böhm, und verwies auf Fälle in Fritzlar, Dillenburg und Melsungen. »Die Kostensteigerungen durch Inflation und Energiekrise hängen wie ein Damoklesschwert über vielen kleinen grundversorgenden Krankenhäusern, gerade im ländlichen Raum.«

Die von der Landesregierung angekündigten zusätzlichen Investitionsmittel für die Krankenhäuser nannte Böhm »Schummelei«. Alle angekündigten Zuwächse, die auch unter den Forderungen der Krankenhausgesellschaft blieben, würden den hessischen Kommunen »abgeknöpft«.

Sozialminister Klose bezeichnete die Sorgen um die Krankenhäuser auch mit Blick auf die Corona-Pandemie als »nachvollziehbar«. Allerdings habe das Land die Investitionsfördermittel seit seinem Amtsantritt vor dreieinhalb Jahren bereits um 50 Prozent erhöht. Zudem stehe bei der Krankenhausfinanzierung auch der Bund in der Pflicht.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Daniela Sommer, sagte: »Der finanzielle Druck auf die Häuser ist riesig und muss von der Landesregierung unbedingt abgemildert werden.« Auch der Betrag für 2023 und 2024 im hessischen Doppelhaushalt werde die Investitionslücke nicht schließen, das Land müsse daher nachlegen, forderte Sommer. Wenn das Land das Geld nicht zur Verfügung stelle, litten unter anderem die Beschäftigten an den Kliniken darunter. »Das Personal ist die wichtigste Ressource, die wir im Gesundheitssystem haben, denn die Versorgung erfolgt durch die Menschen in den Krankenhäusern«, sagte Sommer.

Krankenhäuser werden im Wesentlichen aus zwei Einnahmequellen finanziert. Zu unterscheiden ist zwischen den Kosten für Investitionen und den laufenden Betriebskosten. Derzeit werden die Investitionskosten von den Ländern getragen, die Betriebskosten von den Krankenkassen.

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