Frust und Fassungslosigkeit im Römer

Im Frankfurter Römer herrscht Fassungslosigkeit. Da OB Peter Feldmann nicht zurücktreten will, zeichnet sich eine Mehrheit für ein Abwahlverfahren ab. Der SPD-Politiker habe die Stadt »in der ganzen Welt verspottet«.
Es war ein langer Tag für Frankfurts Sozialdemokraten. Am Mittwochmittag hatte der unter Korruptionsverdacht stehende Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) in einem kurzen Statement verkündet, dass er sein Amt nicht niederlegen wird - trotz der zahlreichen Rücktrittforderungen, auch von der SPD selbst. Doch wie geht es jetzt weiter? Wie gehen die Sozialdemokraten damit um? Partei, Fraktion, Ortsvereine? Darüber wurde am Mittwoch noch bis spät am Abend gesprochen, diskutiert, gerungen.
»Wir sind noch nicht fertig mit dem Diskussionsprozess«, sagte Ursula Busch, Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion im Römer, gestern im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch mit den Koalitionspartnern von Grünen, FDP und Volt befinde man sich noch in Gesprächen. Das Wort »Abwahlverfahren« nahm sie ebenso wenig in den Mund wie schon Parteichef Mike Josef einen Tag zuvor. »Gemeinsam mit unserer Fraktion im Römer und unseren Partnern in der Koalition werden wir nun die weiteren Schritte beraten. Alle Optionen liegen auf dem Tisch«, hatte er am Mittwoch gesagt und Feldmann abermals zum Rücktritt aufgefordert.
Parteibasis: Letzte Chance ungenutzt
Die Parteibasis ist da schon einen Schritt weiter. Raven Kirchner etwa, Vorsitzender des Ortsvereins Riederwald. Er war zur Presseerklärung des Oberbürgermeisters in den Römer gekommen. Hinterher sagte Kirchner: »Peter Feldmann hat seine letzte Chance nicht genutzt.« Die Stadtverordneten und die Bürger müssten ihn nun abwählen. »Ich kann nur alle Genossen dazu aufrufen, diesen Weg zu gehen.« Auch wenn sich die SPD-Parteiführung noch verhalten zeigt, zeichnet sich im Römer mittlerweile eine Mehrheit für die Einleitung eines Abwahlverfahrens ab. Die Fraktionen von FDP und Volt zumindest sind bereit dazu. Auch die Grünen haben mitgeteilt, dass sie »weitere Schritte bis hin zur Einleitung eines Abwahlverfahrens« gehen wollen, wenn der Oberbürgermeister nicht doch noch einsichtig wird und sein Amt mit sofortiger Wirkung zur Verfügung stellt. »Doch wir haben nach den vergangenen Wochen eigentlich keine Hoffnung, dass er von sich aus geht«, sagte Grünen-Fraktionschef Dimitrios Bakakis.
Das nächste Mal tagt die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung am 9. Juni. Bereits an diesem Tag könnte ein Antrag eingebracht werden. Das müsste aber noch nicht gleich ein Abwahlantrag sein. »Wir können zunächst auch eine Resolution in die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung einbringen, die deutlich mache, dass Feldmann nicht mehr das Vertrauen des Stadtparlaments genießt«, sagte Bakakis.
Der FDP-Fraktionschef Yanki Pürsün, der davon sprach, dass der OB die Stadt in der ganzen Welt verspottet habe, ist sich sicher: »Der Oberbürgermeister kann nicht im Amt bleiben. Das ist ganz klar«, sagte Pürsün. »Die Stadtverordneten werden dem ein Ende setzen müssen.« Die Oppositionsfraktionen von CDU, AfD und BFF-BIG sprechen sich ebenfalls für ein Abwahlverfahren aus.
»OB hat den Knall nicht gehört«
»Der Oberbürgermeister hat den Knall nicht gehört«, kommentierte CDU-Fraktionschef Nils Kößler das Pressestatement von Feldmann. »Er hat erneut gezeigt, dass er die aktuelle Lage und die Entrüstung der Menschen nicht versteht.« Patrick Schenk, AfD-Fraktionsvorsitzender, teilte mit: »Jeder Tag, den Feldmann weiter im Amt bleibt, ist eine Belastung für das Ansehen Frankfurts.«
8000 Unterzeichner der Rücktrittsforderung Die Linke will noch darüber beraten, wie sie weiter vorgehen und ob sie ein Abwahlverfahren unterstützen werden. »Peter Feldmanns Auftritt hat deutlich gemacht, dass er offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, die Amtsgeschäfte zu führen«, teilten Fraktion und Partei gemeinsam mit. Und Fraktionschef Michael Müller konkretisierte im Gespräch mit dieser Zeitung: »Ein OB, der sich nicht mehr öffentlich zeigt, ist nur noch ein Schatten-OB und kann nicht länger die Stadt und ihre Menschen vertreten.« Derweil findet eine Online-Petition (https://tinyurl.com/yajpum9f), die den OB zum Rücktritt auffordert immer mehr Unterstützer. Mittlerweile sind es mehr als 8000. Sind 10 000 Unterschriften zusammengekommen, will Initiator Leopold Born, Vorsitzender der Jungen Union, diese Feldmann und der Koalition überreichen. »Es reicht jetzt wirklich«, sagte Born. Er sei entsetzt von den »billigen Entschuldigungen«, die er gehört habe. »Er versucht uns doch alle zu veräppeln.« Feldmann hätte schon mal gesagt, sich öffentlich zurückhalten zu wollen. »Ich glaube ihm kein Wort mehr«, so Born.
Der hessische Beamtenbund (dbb) spricht derweil in einer Reaktion von einer Posse, die weitergeht.