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Frankfurt spart an Parkplätzen

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Große rote Pflanzenkübel am Fahrbahnrand in der Frankfurter Innenstadt. © DPA Deutsche Presseagentur

Der Fachkräftemangel spitzt sich zu, die Energiewende muss schnellstmöglich vorangetrieben werden und dann steht auch noch der Wahlkampf vor der Tür. Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) erklärt im Interview, wie er die Herausforderungen bewältigen will.

Frankfurt - Um den Autoverkehr in die Stadt zu drosseln, schränkt Frankfurt die Zahl von Parkplätzen ein. Denn sie erzeugten Suchverkehr, sagte Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne). Auf den Straßen in der Innenstadt soll es außer Parkplätzen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und Ladeverkehr künftig keine Parkplätze mehr geben. Autos sollen in die Parkhäuser geleitet werden. Das Konzept werde schrittweise umgesetzt, wenn Straßen neu geordnet würden. »Eine Innenstadt muss mehr sein als nur ein Laden mit einem Parkplatz davor, das ist kein Zukunftsmodell. Wir brauchen eine Qualität in den Innenstädten«, sagte Majer. In den Wohngebieten mit Anwohnerparken soll es keine kostenfreien Parkplätze mehr geben. Um den Verkehr besser steuern zu können, soll das Parkleitsystem modernisiert, digitalisiert und vernetzt werden. In den kleineren Straßen in der Innenstadt soll das zulässige Höchsttempo auf 20 Kilometer pro Stunde reduziert werden. dpa

Frankfurt - Ein Frankfurter (46) hat am Sonntag kurz nach Mitternacht in der Innenstadt mehrfach den Hitlergruß gezeigt sowie antisemitische Beleidigungen und Drohungen geäußert. Die Polizei nahm den stark Betrunkenen, der ihr zufolge »eine Deutschlandarmbinde am Oberarm« trug, in der Warteschlange eines Schnellrestaurants an der Konstablerwache fest. Ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurde eingeleitet. red

Frankfurt - Das Tischtuch zwischen Peter Feldmann und der SPD dürfte endgültig zerschnitten sein. Der als Oberbürgermeister abgewählte und wegen Korruption erstinstanzlich verurteilte Feldmann hatte vor zehn Tagen seinen Austritt aus der SPD erklärt, garniert mit Vorwürfen gegen Partei und Personen. Nun feuert der Vorsitzende des SPD-Bezirks Hessen-Süd, Kaweh Mansoori, zurück. Mansoori schreibt bei Twitter: »Hätte er nicht den Austritt erklärt, würden wir ihn wegen Beitragsrückständen rauswerfen.« Feldmann habe nun zwei Optionen. »Entweder spendet er den Betrag an eine Antikorruptionsinitiative oder wir klagen es ein.« Es geht dabei um rund 2000 Euro.

Zum Vorwurf Mansooris gab der Ex-OB gestern zu Protokoll: »Ich habe für 2022 Mitgliedsbeiträge an die SPD gezahlt. Falls es Unklarheiten geben sollte, bin ich gerne bereit, das zu besprechen.« red

Ihre Partei hat den Dreikampf um die Staatskanzlei ausgerufen. Nun steht fest, dass Nancy Faeser für die SPD antritt. Wie hart ist die Konkurrenz?

Einerseits ist die bundespolitische Bühne ein Vorteil für sie, andererseits wird jetzt genauer geschaut werden, ob manch großen Ankündigungen in Berlin auch Taten gefolgt sind und wie der Spagat gelingt. Am Ende entscheiden alleine die Wählerinnen und Wähler, ob sie das gut oder schlecht finden und wen sie in der Staatskanzlei sehen wollen. Und auch, wenn Nancy Faeser es nicht wahrhaben will - seriöse Umfragen sehen die Grünen gleichauf mit der SPD. Es wird also ein spannender Wahlkampf zwischen drei Parteien auf Augenhöhe.

Glauben Sie, dass die Grünen eine Chance haben, auf Platz eins zu landen?

Natürlich. Wir meinen das ernst mit dem Dreikampf um die Staatskanzlei, aber wir werden jetzt nicht bis Oktober Dauerwahlkampf machen, sondern verlässlich regieren bis zum Schluss.

Wahlkampf ohne Abgrenzung zum Koalitionspartner - wie soll das gehen?

CDU und Grüne haben unterschiedliche Ziele, stehen für andere Themen. Aber man kann ja auch gegeneinander antreten, ohne schlecht übereinander zu reden. Dass es niemandem nützt, wenn man sich als Koalitionspartner ständig ein Bein stellt, hat man bei der großen Koalition gesehen - und leider auch teilweise bei der Ampel in Berlin.

Welches Ziel haben Sie?

Die Bekämpfung der Klimakrise ist unser wichtigstes Anliegen. Wir müssen 2045 klimaneutral sein, dafür braucht es die Transformation der Wirtschaft in Richtung Effizienz. Diese Veränderung ist keine Bedrohung, sondern notwendig, wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen. Aber wir müssen den Menschen Halt geben in diesem Veränderungsprozess.

Zu den Veränderungen gehört auch die Verkehrswende. Nach Schüler- und Senioren-Ticket erfüllt sich Ihre Vision von einem Bürgerticket nun sogar bundesweit. Was versprechen Sie sich davon?

Tarif- und Verbundgrenzen sind eine riesengroße Hürde für die Benutzung von Bussen und Bahnen. 1995 musste man noch an der Stadtgrenze zwischen Frankfurt und Offenbach aus der Linie 16 aussteigen und ein neues Ticket lösen. Ab Mai 2023 können Menschen mit dem Deutschlandticket überall einsteigen und losfahren, noch dazu zu einem günstigen Preis. Das wird die Nutzung von Bussen und Bahnen nachhaltig verändern. Der letzte Baustein, der dann noch fehlt, ist das Angebot für Geringverdiener: Der Hessenpass mobil für 31 Euro, über den wir momentan mit den Verkehrsverbünden reden.

Wo hakt es noch bei der Umsetzung?

Es ist eine Herkulesaufgabe, dafür zu sorgen, dass bei 300 Verkehrsverbünden in Deutschland am 3. April der Verkauf starten kann und ob es übergangsweise noch Papiertickets geben wird, weil es noch nicht überall wie in Hessen eine Chipkarte gibt.

Mit welcher Verkehrssteigerung rechnen Sie?

Es gibt Schätzungen, dass man bundesweit bis zu fünf Millionen neue Kundinnen und Kunden gewinnen kann. Vielleicht werden es sogar noch mehr. Beim Schülerticket Hessen hat der Erfolg viele Erwartungen übertroffen.

Autofahrer beklagen den Zustand vieler Straßen; von den Brücken ganz zu schweigen. Warum dauert die Sanierung so lange?

Wir haben hier in Hessen ein Punktesystem entwickelt, um die Sanierung systematisch anzugehen. Viele wundern sich darüber, dass sich bei einem grünen Verkehrsminister die Straßenbaumittel verdoppelt haben. Aber es ist mit einem Paradigmenwechsel verbunden: Sanierung vor Neubau. Wir arbeiten Schritt für Schritt ab, was jahrzehntelang liegen geblieben ist.

Nur langsam voran geht es auch mit dem Ausbau der Windkraft, was Teile Ihrer Partei kritisieren...

Es geht auch mir zu langsam. Wir hatten 2016 eine vermurkste EEG-Reform vom Bund, die dazu geführt hat, dass die Neubauzahlen völlig eingebrochen sind. Da kämpft sich Deutschland jetzt seit einem Jahr mühsam raus. Robert Habeck hat in einem Jahr mehr Gesetzesänderungen in dem Bereich auf den Weg gebracht als in den 16 Jahren davor. So werden die Genehmigungszahlen jetzt endlich wieder deutlich nach oben gehen. In Hessen sind wir gut vorbereitet, weil wir die Vorrangflächen schon ausgewiesen und die Genehmigungsbehörden personell verstärkt haben.

Wie steht es mit der Akzeptanz von Windrädern - etwa bei Ihrem Koalitionspartner CDU?

Vor Ort ist es nicht nur der Koalitionspartner. Ein SPD-Abgeordneter aus dem Landkreis Kassel etwa postet: »Keine Windkraft im Reinhardswald«. In Hessen wird leider auch unglaublich viel geklagt. Es gibt kaum ein Projekt, das nicht vor Gericht landet. Deshalb haben wir jetzt mehr Stellen bei der Justiz geschaffen. Zusätzlich ist vielen klar geworden, dass Windkraft keine grüne Spinnerei ist. Es ist eine wichtige Entscheidung für die Sicherheit unseres Landes, ob wir mehr Energie selbst produzieren können.

Teilweise ist es aber Ihre eigene Klientel, die sich aus Naturschutzgründen gegen den Bau von Windrädern stellt.

Wir wollen zeigen, dass Naturschutz, Artenschutz und Energiewende zusammengehen. Wenn wir die Energiewende nicht hinkriegen, wird sich unsere Landschaft noch viel radikaler verändern.

Warum haben Sie Fotovoltaikanlagen auf Landesgebäuden nicht schon viel früher zur Pflicht gemacht und warum fördert das Land private Investitionen nicht stärker?

Ob beim Finanzamt oder bei den Universitäten - anderes war dann doch immer wichtiger. Jetzt haben wir es zur Pflicht gemacht. Und im Privaten wollen wir nichts aus Steuergeldern fördern, was sich selbst rechnet. Aber denen, die das Geld für die PV-Anlage nicht haben, werden wir bald über unsere Förderbank günstige Kredite anbieten.

Sie warnen vor Radikalisierung der Klimabewegung. Was hat sich denn da bei den Grünen verändert?

Ich verstehe die Sorgen gerade von jungen Leuten. Wir müssen die Umsetzung der Klimaneutralität deutlich schneller hinkriegen. Aber wir müssen dabei die Gesellschaft auch mitnehmen. Und wir können nicht hinnehmen, dass Teile der Klimabewegung denken, sie könnten das Recht in die eigene Hand nehmen. Ja, die Grünen kommen auch aus einer Tradition des zivilen Ungehorsams. Wenn aber Menschen anfangen, das Gewaltmonopol des Staates in frage zu stellen, wird es böse enden.

Wie blicken Sie nach der Corona-Krise auf die Zukunft des Flughafens?

Ich konnte Entscheidungen der Vergangenheit nicht wegzaubern. Das Terminal 3 war 2007 bereits in der Planfeststellung enthalten. Ich habe damals in Richtung der Fraport gesagt: Ihr habt das Baurecht, aber vielleicht ist es ökonomisch sinnvoll, es nicht in Anspruch zu nehmen. Dann kam Corona und heute wäre die Fraport sicher froh, wenn sie diese Milliardeninvestition nicht stemmen müsste. Aber der Flugverkehr wird sich erholen, und deshalb arbeiten wir weiter ständig an allen kleinen Stellschrauben, um den Fluglärm und die Umweltbelastungen zu reduzieren.

Es mangelt auch an Fachkräften. Andererseits schlagen Landräte Alarm, der Staat müsse Zuwanderung stärker abblocken. Warum haben es viele Migranten nicht geschafft, sich in Arbeitsmarkt und Kultur zu integrieren?

Wir haben eine dramatische Lücke, nicht nur an Fachkräften, sondern auch an Arbeitskräften. Deshalb müssen wir offen sein für qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Integration ist harte Arbeit, für alle, vor allem aber für diejenigen, die kommen. Oft mangelt es inzwischen schlicht an Sprachkursen. Aber die gelungene Aufnahme von 80 000 Ukrainerinnen und Ukrainern in Hessen zeigt, dass wir besser sind, als viele oft glauben. Trotzdem, wir haben noch viel zu tun.

Bei Abschiebungen gelten die Grünen als Bremser. Beispiel Brokstedt: Müssen wir jemanden schützen, der in seinem Heimatland gefährdet sein könnte, wenn er hier eine Gefahr für die Allgemeinheit ist?

Wer hierher kommt, Schutz sucht und dann schwere Straftaten begeht, muss auch abgeschoben werden können. Aber auch da gilt: Niemand darf an Leib und Leben gefährdet werden. Wo würden wir denn enden, wenn wir von diesem Grundsatz abweichen würden? Aber natürlich muss die Bundesregierung Fortschritte erreichen im Gespräch mit den Herkunftsländern, was die Rückführung in diesen Fällen angeht. Und wer weiter eine Gefahr für die Allgemeinheit ist, dürfte sowieso nicht einfach aus der Haft entlassen werden, egal woher er kommt.

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Antwort auf viele Fragen: Tarek Al-Wazir, der hessische Minister für Wirtschaft, Verkehr und Wohnen, im Interview. © Red

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