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»Folterkammer für Igel gebaut«: Tierquäler muss in Haft

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»Sie haben eine Folterkammer für Igel gebaut«, sagte Richter Markus Bange und verurteilte den 36-jährigen Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Zudem wird ihm lebenslänglich die Haltung von Tieren untersagt.

Das Schöffengericht am Friedberger Amtsgericht folgte am Dienstag in seinem Urteil vollumfänglich den Forderungen der Staatsanwaltschaft. »Sie haben die Tiere grundlos und auf grausamste Weise zu Tode gebracht Sie hatten nur einen Grund: Sie wollten sie quälen.« Mit diesen klaren Worten begründete der Richter den Urteilsspruch. »Sie sind kein Jugendlicher mehr, der irgendetwas ausprobieren möchte. Sie sind Herr ihres eigenen Schicksals.«

Dem 36-jährigen Harz-IV-Empfänger aus Ober-Mörlen wurde zur Last gelegt, dass er mindestens 25 bis 30 Igel und zwei Kaninchen gefangen und diese grausam zu Tode gequält haben soll (die Zeitung berichtete mehrfach). Auch die Tötung zweier Katzen wurde dem Mann vorgeworfen, dies konnte ihm jedoch nicht nachgewiesen werden.

Am gestrigen Verhandlungstag gab sich der Täter geständig. Heute könne er sich nicht mehr erklären, warum er das alles gemacht habe. Er schob das Ganze auf seinen stetigen Drogenkonsum und seine soziale Isolation. Zwar hat der 36-jährige eine Ausbildung absolviert, jedoch ging er nach dem Abschluss 2015 nie einer geregelten Arbeit nach. Laut seinem eigenen Bekunden konsumierte er seit seinem 14. Lebensjahr stetig Drogen, vor allem Marihuana und Amphetamine - und das mit steigender Tendenz.

Der Versuch, seine Taten in Verbindung mit dem Drogenkonsum zu bringen, wurde von dem psychologischen Gutachter Dr. Jens Ulferts nicht bestätigt. Er diagnostizierte bei dem 36-Jährigen eine schwere Persönlichkeitsstörung und empfahl hier dringend eine Therapie. Die Taten seien eine Kompensation für seine gefühlte innere Leere und seine Wut gegen sich selbst. Daher habe er sich an jenen vergangen, die sich nicht wehren konnten.

Trotzdem bescheinigte der Gutachter ihm die volle Schuldfähigkeit, da weder seine Steuerungs- noch seine Einsichtsfähigkeit eingeschränkt seien.

In Duschwanne verhungern lassen

Auch für die Justiz ist der 36-Jährige schon lange keine unbeschriebenes Blatt mehr. Immer wieder kam er im Rahmen von Kleinkriminalität und Beschaffungsdelikten mit dem Gesetz in Konflikt, allerdings nie im Zusammenhang mit Tierquälerei.

Mittlerweile hat er schon einige Therapien und Therapieversuche hinter sich und wartet gerade auf die Zusage zu einem weiteren Drogentherapieplatz. Nach seinen Angaben hatte er die Tiere immer eingesammelt, mit nach Hause genommen, sie in seine Duschwanne gesetzt und sie dort verhungern und verdursten lassen. Anschließend habe er die Kadaver in Plastiktüten oder Behälter gesteckt und sie in der Gegend abgelegt, wo sie später von Passanten gefunden wurden. Warum er sie jedoch an belebte und markante Plätze abgelegt hatte, diese Frage konnte er dem Richter nicht beantworten. Im Nachhinein vermutete er, dass er vielleicht hoffte, dass man ihm in seiner psychischen Not und Isolation helfen würde, wenn man sie finden würde. So interpretierte es jedenfalls sein Verteidiger.

Auf die Spur des Igelmörders kam die Polizei erst, als sie in eine Tüte mit toten Igeln auch ein Paar benutze Socken fand. Über die DNS-Spur landete sie schließlich einen Treffer und durchsuchte die Wohnung des Angeklagten. Was die Beamten da allerdings vorfanden, das machte sie sprachlos, wie ein Polizeibeamter in der Verhandlung aussagte: Die Wohnung war völlig vermüllt, in zwei Behältern hatten sie Igel- und Kaninchenkadaver gefunden, die bereits extrem verwest waren

Der schlimmste Anblick bot sich ihnen jedoch im Wohnzimmer: Dort hing an einem Gummizug eine Zange, die ein Stück des Fells eines weiblichen Igel umklammerte, so dass die Haut des Tieres das ganze Eigengewicht tragen musste. Direkt unter ihm stand eine Schüssel, gefüllt mit Wasser, in dem ein zweites Igel-Weibchen um sein Leben schwamm. Zwei Tiere überlebten; sie konnten gerettet und Tierschützern werden.

Die begutachtende Veterinärmedizinerin Dr. Evelin Jugl vom Wetteraukreis sagte dazu, dass der Mann die Tiere mit einer an eine Folter erinnernde Brutalität gequält habe. Zudem habe man bei der Obduktion zahlreiche Knochenbrüche und Gewalteinwirkungen feststellen können, die der Täter jedoch bestritt. Sie habe so etwas in ihrer Laufbahn noch nicht erlebt.

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