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Firmen auf Schlingerkurs

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Gießen/Friedberg - Die Lage in den Unternehmen der Region hat einen Rekord-Tiefstand erreicht. Lediglich knapp sieben von 100 Befragten im IHK-Bezirk Gießen-Friedberg erwarten bessere Geschäfte, jeder Vierte bezeichnet die aktuelle Geschäftslage als negativ. Fast alle Betriebe sind von der Energiekrise betroffen. Acht von zehn Betrieben nennen die Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko ihrer Geschäftsentwicklung.

»Die Betriebe werden massiv durch die gestiegenen Energiepreise beeinträchtigt. Sie reagieren durch ein Zurückfahren der Produktion, einige denken sogar über eine Geschäftsaufgabe nach«, schildert IHK-Hauptgeschäftsführer Matthias Leder die aktuelle Lage.

Betriebe drosseln ihre Produktion

Vier von zehn Betrieben im Gastgewerbe und knapp jedes fünfte Unternehmen der Medizintechnik warnen vor einer drohenden Insolvenz. »Damit zeigt sich, wie dringend der Bedarf an Entlastungen für die Wirtschaft ist«, mahnt Leder. Die Talfahrt der Wirtschaft spiegelt sich gleichfalls im IHK-Konjunkturklimaindex wider. Dieser ist im IHK-Bezirk im Herbst auf 74,4 Punkte im Vergleich zu 95,2 Punkten im Frühsommer gesunken. Aktuell notiert der hessische Konjunkturklimaindex bei 78 Punkten - hier zeigt sich ebenfalls ein beträchtlicher Rückgang gegenüber der Frühsommer-Befragung.

Die Verschlechterungen bedeuten einen deutlichen Abfall unter die Zufriedenheitsschwelle, die bei 100 Punkten liegt - ab diesem Wert ist eine positive Gesamtstimmung zu verzeichnen. Der IHK-Konjunkturklimaindex ermittelt die Lagebeurteilung und die Erwartungen an die zukünftige Geschäftslage. Befragt wurden in der Herbst-Umfrage der IHK Gießen-Friedberg zwischen September und Oktober 2022 knapp 900 Betriebe, mehr als jeder Vierte nahm an der Befragung teil.

»Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine lang andauernde Negativspirale mit fatalen Folgen für die hiesigen Unternehmen in Gang gesetzt«, warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Leder. Rund 35 Prozent der Betriebe wollen zukünftig weniger investieren, 18 Prozent werden ihre Belegschaft abbauen und rund 35 Prozent gehen von einem Rückgang der Exporttätigkeit aus. Wegen der schwierigen Lage im Energiesektor hat jeder zehnte Betrieb bereits seine Produktion heruntergefahren. Knapp 60 Prozent haben Preissteigerungen an ihre Kunden weitergegeben. Dennoch gibt es auch Lichtblicke, sagt Leder: »Rund 36 Prozent unserer Betriebe investieren in Energieeffizienz.«

Ein weiteres drängendes Thema ist der Fachkräftemangel, den rund 47 Prozent als Risiko für ihre Geschäftstätigkeit bezeichnen. »Als IHK setzen wir uns intensiv dafür ein, junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern«, erklärt IHK-Präsident Rainer Schwarz.

Baubranche vor starkem Einbruch

Besonders stark leidet derzeit das Baugewerbe. Der Bau von Einfamilienhäusern ist stark zurückgegangen. Eine Ursache für diese Entwicklung ist die straffere Geldpolitik der Zentralbank. Die steigenden Zinsen belasten die Häuslebauer bei ohnehin sehr hohen Preisen für Immobilien sehr. Knapp 77 Prozent der Befragten befürchten eine Verschlechterung der Geschäftslage, von einer Verbesserung geht kein Betrieb aus. In der Dienstleistungsbranche ist die Lage besser. Ihre Geschäftslage bewerten 86 Prozent der unternehmensbezogenen Dienstleister als positiv. pm

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