Vergrößerung bei Ferrero in Hessen: „Parents for Future“ empört
Die Ferrero OHG plant eine Betriebsgeländevergrößerung in Stadtallendorf. Dabei soll temporär einer der Brunnen stillgelegt werden, die die Sauberkeit des Grundwassers sicherstellen. Parents for Future kritisieren das Bauvorhaben.
Update vom Dienstag, 21. März, 17.38 Uhr: Kirsten Prößdorf von Parents for Future zeigt sich im Gespräch offen empört über das Bauvorhaben der Ferrero OHG. Sie beklagt vor allem die scheinbar zu engen Verbindungen zwischen Unternehmensvertretern und Mitgliedern des Regierungspräsidiums in Gießen, die die objektive Betrachtung der Situation unmöglich machen würden. Eigene Interessen und persönliche Beziehungen stünden hier ihrer Ansicht nach über der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung.
Zudem fehle es an vielen Stellen schlicht an notwendigen Plänen, sodass eine sichere Durchführung der Maßnahmen nicht möglich sei. Beispielsweise gebe es keine konkrete Festlegung über den Zeitraum, in dem einer der Brunnen zur hydraulischen Sicherung abgeschaltet werden soll. Der als gefahrlos angegebene Zeitraum von 100 Tagen sei viel zu lang und würde mit Sicherheit eine Wasserverschmutzung bedeuten. Ferrero bezog sich auf ein Gutachten, laut welchem das Wasser 100 Tage von einem Brunnen zum anderen brauchen würde. Kirsten Prößdorf betont aber, dieses sei an einem anderen Standort durchgeführt worden und die Ergebnisse daher keinesfalls übertragbar. Das Wasser fließe am Standort in Stadtallendorf deutlich schneller. Eine solche Abschaltung hätte fatale Folgen.
Das Regierungspräsidium Gießen sehe mittlerweile ein, dass eine Verschmutzung des Wassers unumgänglich sei – jedoch bestreiten sie weiterhin die nachhaltigen und langfristigen Auswirkungen. Eine nachträgliche Reinigung des Wassers sei problemlos möglich, sobald alle Brunnen wieder in Betrieb seien.

Vergrößerung bei Ferrero in Hessen: Lieber „Mon Cheri“ als sauberes Wasser?
Erstmeldung vom Montag, 20. März, 12.17 Uhr: Auf sechs Hektar Fläche in Stadtallendorf im Landkreis Marburg-Biedenkopf möchte die Ferrero OHG eine neue Produktionsstätte eröffnen. Ohne diese müsse die Herstellung von „Mon Cheri“ am Standort eingestellt werden, gab das Unternehmen bekannt. „Parents for Future“ warnt vor den immensen Folgen für die Umwelt, vor allem die Sauberkeit des Grundwassers sei gefährdet.
Laut dem hessischen Stadtanzeiger plane das Unternehmen die Rodung von insgesamt drei Hektar Wald sowie die Versetzung eines Brunnens im Boden, der das Grundwasser von Schadstoffen freihalten soll. Während des Zweiten Weltkrieges wurde auf dem Gelände hochgiftiges TNT produziert, was noch heute zu erheblicher Kontaminierung des Grundwassers führe – jedes Jahr würden etwa 100 Kilogramm Sprengstoffe herausgefiltert, schreibt „Parents for Future“ in einer Mitteilung. Verschiedene Brunnen im Boden sollen diese Verschmutzung minimieren.
Der Bau von Ferrero in Stadtallendorf beeinträchtigt das Grundwasser
Parents for Future kritisiert das Unternehmen für ihr Vorhaben, drei Meter Erde auf dem Gelände abzutragen. Dies zerstöre eine wichtige Boden-Schutzschicht über dem Grundwasser irreversibel, wodurch Schadstoffe aus Fundamenten dieses weiter verunreinigen könnten.

Das Regierungspräsidium Gießen hat dem Antrag der Ferrero OHG noch nicht final zugestimmt, allerdings bereits vorzeitig die Genehmigung zur Rodung erteilt – eine solche Beschleunigung des Arbeitsprozesses findet nur statt, wenn ein endgültiger Entschluss zugunsten des Unternehmens wahrscheinlich ist.
Die Ferrero OHG sieht ihre Baupläne und den Standort nicht kritisch. Zur Tieferlegung eines Brunnens beabsichtigen sie die kurzfristige Abschaltung. Für einen Zeitraum von maximal 100 Tagen sei dies vollkommen unproblematisch, gibt das Unternehmen an. „Parents for Future“ bestehen dagegen auf die Notwendigkeit eines permanenten Betriebs, damit die Schadstofffreiheit garantiert werden kann und beziehen sich auf Erkenntnisse eines hydrogeologischen Fachgutachtens.
Parents for Future warnen vor Erpressung der Ferrero OHG
Ferrero argumentiert den Antrag auf Baugenehmigung mit der Tatsache, dass eine ausbleibende Betriebsgeländeerweiterung ein Ende der „Mon Cheri“ Produktion in Stadtallendorf und damit den Verlust von Arbeitsplätzen bedeute. Katharina Lipinski von Parents for Future mahnt diese Formulierung kritisch an und warnt vor Erpressung durch den Konzern.

Die Anwesenheit des Ferrero-Konzerns habe große Bedeutung für den Wirtschaftsstandorts Stadtallendorf, weshalb sich das Regierungspräsidium Gießen auch für eine schnellstmögliche Prüfung sowie Genehmigung des Antrags einsetzt. Der Konzern bringe Stadtallendorf nämlich auch eine hohe Investitionssumme „zur Fortentwicklung des Produktionsstandortes“. Im fast ausgeschlossenen Fall, dass die Baugenehmigung nicht folgt, müsste Ferrero die gerodete Fläche wieder aufforsten – dies würde wohl etwa 2 Millionen Euro kosten. (Maibrit Schültken)