FDP fordert Wende in Agrarpolitik

Wiesbaden - Angesichts drohender Ernteausfälle in der Ukraine hat die FDP-Landtagsfraktion eine Wende in der hessischen Landwirtschaftspolitik gefordert. Stillgelegte Flächen, für deren Nichtbewirtschaftung Landwirte EU-Beihilfen bekommen, sollten wieder in die Produktion gehen, sagte die landwirtschaftspolitische Sprecherin Wiebke Knell am Donnerstag in Wiesbaden.
»Wir können aus Hessen heraus nicht die Welt ernähren, aber wir haben die Pflicht, unseren Beitrag dazu zu leisten.« In Hessen gebe es rund 18 000 Hektar stillgelegter Flächen und Ackerbrachen. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine werden Ernte- und Exportausfälle von Weizen sowie Mais, Sonnenblumen, Zuckerrüben, Gerste, Soja und Raps befürchtet, wie Knell erläuterte.
Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) entgegnete, es stehe in Deutschland keine Ernährungskrise bevor. »Wir haben genug zu Essen«, betonte sie. Wenn Menschen derzeit im Supermarkt vermehrt zu Mehl und Öl griffen, dann sei das unsolidarisch - aber kein Zeichen einer Krise. Hinz verwies darauf, dass die EU bereits Schritte eingeleitet habe, um den Agrarmarkt zu stabilisieren - indem ökologische Vorrangflächen für die Erzeugung genutzt werden dürften.
Die Grünen-Abgeordnete Martina Feldmayer sagte, für Ernährungssicherheit sollte man - anders als von der FDP gefordert - auf Ökolandbau und nachhaltige Landwirtschaft setzen. »Denn die kommt am besten ohne zusätzliche Hilfsstoffe, die energieintensiv hergestellt werden müssen, aus.«
Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heidemarie Scheuch-Paschkewitz, warf der FDP vor, eins zu eins die Positionen der Lobbyisten der Agrarindustrie zu übernehmen. Unter dem humanitären Deckmäntelchen stabilisiere das die Profite, verbessere aber nicht die Ernährungssicherheit, erklärte sie. Auf rund 60 Prozent der Landwirtschaftsflächen in Deutschland werde Tierfutter angebaut, kritisierte Scheuch-Paschkewitz. Es gebe nicht zu wenig Ackerboden, sondern die Flächen würden falsch genutzt.
Al-Wazir glaubt an Frankfurter Messe
Ein weiteres Thema, mit dem der Landtag sich gestern beschäftigte, war die Zukunft der Frankfurter Messe. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) rechnet mit einem Comeback. »Ich bin mir ganz sicher, dass das Messegeschäft auch weiter eine Zukunft hat«, sagte er. Die Messe Frankfurt sei wegen der Corona-Pandemie zwar noch immer in einer schwierigen Situation, der Standort habe aber nichts von seiner Attraktivität eingebüßt. Mit den Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen werde sich das auch wieder zeigen.
Der Minister sicherte der Frankfurter Messegesellschaft die Unterstützung des Landes zu: »Wir haben geholfen und wir werden auch weiter helfen.« Die Stadt Frankfurt und das Land Hessen hatten jüngst erklärt, die coronageplagte Messegesellschaft mit bis zu 250 Millionen Euro frischem Eigenkapital zu stützen.
Die FDP-Fraktion forderte die schwarz-grüne Landesregierung dagegen zu größeren Anstrengungen auf, um die Zukunft des Messestandorts Frankfurt zu sichern. Die ökonomische Bedeutung der Messe reiche weit über die Grenzen der Stadt hinaus, betonte der FDP-Wirtschaftsexperte Stefan Naas. Mit deren Geschäft seien hessenweit rund 24 000 Arbeitsplätze verbunden. Das Unterstützungspaket diene nur dazu, die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen.
Beamte brauchen weiter Geduld
Derweil hat Innenminister Peter Beuth (CDU) um Geduld bei der Anpassung der Beamtenbesoldung in Hessen geworben. Es gebe noch keine genauen Angaben zur Höhe einer möglichen Nachzahlung der Besoldung, erklärte der Innenminister im Landtag. Diese werden erst nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts feststehen. Es gebe Orientierungswerte, aber noch keine Tabelle über die exakten Werte. Der hessische Verwaltungsgerichtshof hatte Ende 2021 entschieden, dass die Beamtenbesoldung in Hessen gegen das Grundgesetz verstößt. Demnach wurden die Beamtinnen und Beamten von 2013 bis 2020 nicht ausreichend bezahlt. dpa