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»Faschingsscherz« verärgert Liberale

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Friedberg/Nidda (jw). Mit Empörung hat die Wetterauer FDP auf eine gefälschte Meldung im Namen der Liberalen reagiert. Thema: umstrittene Hotelspenden.

Die Fälschung war so dreist, dass kein Zeitungsredakteur darauf hereinfiel: Am Sonntag schickte der Grünen-Kreistagsabgeordnete Peter Hartung (Nidda) den regionalen Zeitungen per E-Mail eine Pressemitteilung, die angeblich von der FDP stammen sollte und die ihm »irrtümlich« zugeleitet worden sei. Es geht um die Parteispende eines Hoteliers an die Bundes-FDP. 1,1 Millionen Euro hatte die Finck-Familie den Liberalen überwiesen, die wiederum hatten in der Bundesregierung die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen durchgesetzt. In der gefälschten FDP-Mitteilung wird dieses Vorgehen nun verteidigt: »Wer bereit ist, viel zu geben, der sollte auch mehr bekommen als der, der nichts gibt. Wer uns in diesem Land jetzt ›Klientelpartei‹ nennt, dem rufen wir zu: ›Ja, wir sind eine Klientelpartei‹.«

Unterzeichnet ist die Falschmeldung von der Wetterauer FDP-Kreisvorsitzenden Elke Sommermeyer, ihren Stellvertretern Achim Güssgen und Oliver Feyl, der Bad Vilbeler Bürgermeisterkandidatin Gesine Wambach und von Justizminister Jörg-Uwe Hahn. Die FDP will mit rechtlichen Schritten gegen Hartung vorgehen.

Die Debatte über einen »eventuellen Zusammenhang zwischen der Parteispende eines Hoteliers und der von uns durchgesetzten Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen« habe die FDP »überrascht«, heißt es in der gefälschten Pressemitteilung. »Denn: Selbstverständlich gibt es diesen Zusammenhang. Wer in Deutschland 1,1 Millionen Euro an die FDP spendet, der kann von uns Liberalen auch ein gewisses Entgegenkommen erwarten.« Und weiter: »Denn unser Verhalten ist nur konsequent: Auch bei der FDP herrschen die Gesetze der freien Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage regeln auch bei uns den Preis. Und somit die Gesetze. Viele sagen nun, wir seien ›käuflich‹. Wir sagen: Wir sind nur ›fair‹. Leistung muss sich wieder lohnen. Es ist Zeit für ein modernes Politikverständnis im Sinne der Leistungsgerechtigkeit.« Die gefälschte Mitteilung stammt nicht von Hartung selbst, er hat sie, wie er gegenüber der Wetterauer Zeitung einräumte, »abgekupfert«. Verfasst haben sie Redakteure der Satiresendung »Extra 3« des NDR. Die hatte letzte Woche zur Pressekonferenz in ein Hotel nach Berlin eingeladen, wo sich angeblich FDP-Chef Guido Westerwelle äußern sollte.

Ein schlechter Scherz, wie die angereisten Journalisten meinten. Als sie gewahr wurden, dass die Sendung »Extra 3« lediglich die Spendenpraxis der FDP aufs Korn nehmen wollte, verließen sie fluchtartig den Raum. Im Internet ist nicht nur die Pressekonferenz abrufbar, sondern auch das »Making of«, wo man laut »Extra 3« sehen kann, »wie sich unsere Autoren mit billigen Anzügen und ein bisschen Gel zu waschechten liberalen Schnöseln aufpolieren«.

Die Vertreter der heimischen Presse beförderten das Pamphlet in die »Ablage P« (Papierkorb). Nicht so mehrere Online-Dienste der Region. Die, so teilt die FDP (diesmal ist es tatsächlich die FDP) mit, »hatten diese Nachricht ohne Prüfung übernommen und freigeschaltet«. Mittlerweile seien die meisten Einträge wieder gelöscht; auf einem Internet-Portal, auf dem »jeder Bürger zum Reporter werden« kann, war die Falschmeldung gestern allerdings noch zu finden.

Die Wetterauer Freidemokraten haben die Fälschung »mit Empörung« aufgenommen. »Wir sind entsetzt über die Art und Weise, wie mit der FDP seitens der politischen Mitbewerber umgegangen wird«, stellte die FDP-Kreisvorsitzende Elke Sommermeyer fest. Es werde der Eindruck erweckt, dass die Partei käuflich sei. »Die Angelegenheit sollte wohl vor allem den laufenden Bürgermeisterwahlkampf in Bad Vilbel stören«, erklärte die liberale Kandidatin Gesine Wambach. »Ich werde mich durch eine derartige Schmutzkampagne nicht beirren lassen. Allerdings fordere ich Grüne und SPD auf, sich eindeutig von diesen Machenschaften zu distanzieren.« Wambach und Güssgen wollen in jedem Fall rechtliche Schritte gegen Hartung einleiten. »So etwas muss Konsequenzen haben, das lassen wir uns nicht bieten«, sagte Wambach. Güssgen sprach gegenüber der Wetterauer Zeitung von »Urkundenfälschung«: »Damit lasse ich nicht mit mir spaßen.« Hartung sieht die Sache trotz der Ankündigung, ihn rechtlich zu belangen, eher locker. »Das war ein Joke, das kann man unter ›Fasching‹ ablegen«, sagte er und meinte, der Text sei als Satire erkennbar gewesen. Offenbar nicht für alle, die sich journalistisch betätigen.

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