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Experte warnt: Filmriss durch moderne Drogen

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Wetzlar (wv). Sie wirken in kurzer Zeit, können zur Bewusstlosigkeit führen und erleichtern sexuelle Übergriffe: Moderne K.O.-Mittel.

Warum das so ist und wie man sie erkennen und nachweisen kann, erklärte Prof. Harald Schütz, ehemaliger Leiter und jetzt freier Mitarbeiter der Rechtsmedizin am Uniklinikum Gießen/Marburg den rund 100 Mitgliedern und Gästen von »Pro Polizei«.

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Hans-Jürgen Irmer machte der Mediziner an einigen Beispielen deutlich, dass der Konsum von Drogen eine Tradition hat. Schon Richard Wagner, Siegmund Freud und Elvis Presley stimulierten sich durch Opiate. Zu den modernen Drogen zählt die Rechtsmedizin nicht nur die Vielzahl der chemischen Substanzen wie LSD, Ecstasy oder K.O.-Tropfen, auch Alkohol und Chloroform führen zur Bewusstlosigkeit. Schütz warnte auch vor der Jugendmode »Komasaufen«. Immer mehr Minderjährige landen mit schweren Alkoholvergiftungen in Kliniken. Eine Studie belege, dass 83 Prozent der 14- bis 20-Jährigen nach ihrer Klinikentlassung wieder zur Flasche greifen und damit ihre Gesundheit dauerhaft schädigen.

Nichts für schwache Nerven waren einige Filmszenen und Bilddokumentationen, mit denen der Gerichtsgutachter spektakuläre Kriminalfälle aus Mittelhessen vorstellte, bei denen Drogen von Bedeutung waren. Zum Beispiel einen heimtückischen Mord an zwei 16-Jährigen, die aus einer Disco kamen und eine Mitfahrgelegenheit gesucht hatten. Mit verhängnisvollem Ausgang. Sie wurden mit Chloroform betäubt, sexuell missbraucht und getötet. Ihre Leichen wurden Jahre später im Wetzlarer Stoppelbergwald gefunden. Für die Rechtsmedizin eine große Herausforderung, Chloroform nachzuweisen, aber es sei gelungen. Auch beim Mord an seiner Ehefrau habe ein Mann zunächst K.O.-Mittel eingesetzt und die Bewusstlose auf dem Speicher erhängt.

Junge Frau sexuell belästigt

Sie hatte einen Aussetzer von einigen Stunden, als sie wieder zu sich kam, lag sie in einem fremden Bett und ein Bekannter belästigte sie sexuell. »Ich war willenlos, als hätte ich einen Schleier im Kopf«, schilderte eine junge Frau ihr Erlebnis mit der Partydroge Liquid Ecstasy in einem Internetforum. Auch hier warnte der Rechtsmediziner, »lassen sie ihre Getränke niemals unbeaufsichtigt, gehen sie getrennt zur Toilette, Vorsicht bei der Rückkehr von der Tanzfläche. Bei Verdacht sofort die Polizei anrufen oder ein Krankenhaus aufsuchen.«

Der Nachweis der gefährlichen Substanzen sei für Toxikologen kein Problem, aber eine Zeitfrage. »Im Blut sind die Stoffe nur maximal acht Stunden nachweisbar, im Urin 20 Stunden, dann ist das diagnostische Zeitfenster zu«, erklärte Schütz die Möglichkeiten und Grenzen der Medizin. Aber es gebe ja noch die Haaranalyse, zog der Rechtsmediziner seinen Joker. Als prominente Opfer der noch nach Jahren möglichen Analyse nannte er Christoph Daum und Konstantin Wecker, denen durch die moderne Untersuchungsmethode der Drogenkonsum nachgewiesen wurde.

Der Konsum von Drogen nehme zu, die modernen Mittel werden auch in der Schule benutzt. Mit der Warnung »Finger weg von Drogen, denn sie machen abhängig und krank«, beendete Schütz seinen Vortrag, der trotz aller Ernsthaftigkeit mit Humor gewürzt war.

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