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Ein Abend voller Träume

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Von: Katrin Hanitsch

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Starkes Ensemble, kraftvoller Chor: Das Musical »Martin Luther King« gibt Sängerinnen und Sängern aus der Region des Aufführungsortes eine Bühne. Die wird in Wetzlar beeindruckend bespielt. © Katrin Nahrgang

Wenn es um Martin Luther King geht, geht es immer auch um Träume, vor allem natürlich um die berühmte »I have a dream«-Rede. Doch am Wochenende ging es in Wetzlar auch um den Traum von mehr als 1000 Menschen aus der Region, einmal Teil einer Musical-Produktion zu sein.

Den Moment des Abends erlebten die Zuschauer gleich zu Beginn der Aufführung. Nämlich in dem Augenblick, als zum ersten Mal der Chor einsetzt. Die Kraft, mit der die mehr als 1000 Stimmen in der Wetzlarer Buderus-Arena erklingen, wie sie »We shall overcome« singen, überwältigt, selbst wenn man auf einen starken Chor gefasst ist.

Mit einem Demonstrationszug beginnt das Chormusical »Martin Luther King - Ein Traum verändert die Welt«, an dem nicht nur die Ensemblemitglieder, sondern auch einige Chorsängerinnen und -sänger teilnehmen. Die Autoren Andreas Malessa, Christoph Terbuyken und Hanjo Gäbler erzählen die Geschichte des berühmten Bürgerrechtlers, der den gewaltfreien Widerstand gegen Unterdrückung von Schwarzen in den 50er und 60er Jahren anführte. Vor allem geht es aber auch um die Menschen, die ihn auf seinem Weg begleitet, die ihn unterstützt haben, aber auch im seine Gegner. Unter der Regie von Andreas Gergen steht King selbst (gespielt von Darrin Byrd) dabei oft nur am Bühnenrand, während seine Frau Coretta, die Bürgerrechtlerin Rosa Parks und sein Widersacher Malcom X die Geschichte voranbringen. Das Bühnenbild besteht in der Hauptsache aus neun großen Würfeln, die wahlweise das Konterfei Kings, eine Backsteinmauer, die US-amerikanische Flagge oder einen Regenbogen zeigen. Hinter den Darstellern saß die Band unter der Leitung von Christoph Terbyken, eingerahmt wurde die Bühne zu drei Seiten vom Chor. Über die Leinwände werden immer wieder historische Fotos eingeblendet.

Immer wieder wird dem Publikum ins Gedächtnis gerufen, dass der Chor viel mehr ist als nur Begleitmusik für die Hauptdarsteller. Er setzt sich unter der Leitung von Daniela Werner und Benjamin Gail in Bewegung, schunkelt, klatscht, imitiert die Wellenbewegung von Wasser, leuchtet und wartet mit kleinen Choreografien auf. Die Hauptdarsteller geben ihm Raum, indem sie sich mit dem Rücken zum Publikum drehen und die ganz in schwarz gekleideten Sänger anschauen. Die älteste Teilnehmerin ist 84 Jahre alt, der jüngste Sänger 14. Sie beide werden vor Beginn der Vorstellung auf die Bühne geholt, stehen stellvertretend für die insgesamt mehr als 1000 Chormitglieder aus der ganzen Region. Von Schotten bis Weilmünster, von Battenberg in Nordhessen bis Biebesheim im Süden haben 31 teils kirchliche, teils weltliche Chöre unter anderem aus Stadt und Landkreis Gießen, dem Vogelsbergkreis, dem Wetteraukreis und dem Kreis Limburg-Weilburg teilgenommen.

Darunter auch der Chor Sonare und Gesangsverein Bruderkette aus Buseck-Beuern. Bei deren Vorsitzender Karin Diehl war die Freude vor den drei Auftritten am Wochenende groß. Immerhin sollte die Aufführung ursprünglich bereits im April 2020 über die Bühne gehen - in dem Jahr, in dem die »Black Lives Matter«-Bewegung weltweit für Aufsehen sorgte. »Aber die Welt hat sich seitdem nicht verbessert«, sagt Diehl zur nach wie vor gegebenen Aktualität der Thematik. Sie und ihr Chor haben sich gut auf den Auftritt vorbereitet, es gab zudem drei gemeinsame Proben mit allen teilnehmenden Chören. Sie lobte die Zusammenarbeit mit dem Veranstalter, der Stiftung Creative Kirche, die die Musical-Aufführung in Kooperation mit Brot für die Welt, der EKD, dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und dem Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill auf die Beine gestellt hat.

Auch der Chor der Freien evangelischen Gemeinde Usingen war Teil der Aufführung. »Wir waren schon oft ein Teil einer Produktion der Creativen Kirche«, sagt Chorleiterin Bettina Keller. »Mir sind die starke Botschaft und die gehaltvolle Aussagen mit berührende Texten wichtig.« Der Chor arbeite gerne an neuen Liedern, die Sängerinnen und Sänger dann auch privat begleiten und ihnen gut tun. »Ich gehe mal davon aus, dass wir alle heute summend und singend nach Hause fahren werden«, sagte Keller vor der Aufführung am Samstagabend. Auch aus ihrem Chor waren freudige Stimmen zu hören. Der Auftritt sei Balsam für die Seele und emotional sehr bewegend, sagten die Teilnehmer. Die Freude der Sänger, ihr Miteinander übertrage sich auf das Publikum. »Es ist einfach stark, den Menschen ins Herz zu singen.«

Erdball rollt über Zuschauer hinweg

Die Aufführung war verbunden mit einer Spendenaktion für »Brot für die Welt«. Von der Bühne aus wurde ein riesiger Erdball ins Publikum geworfen, von zahllosen Händen über die Köpfe der Zuschauer getragen. Währenddessen gingen die Spendeneimer durch die Reihen. Mehr als 7200 Euro waren so schon am Abend der öffentlichen Generalprobe zusammengekommen.

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