»Durchbruch« am UKGM

In den Gesprächen über die Zukunft des UKGM haben das Land Hessen und der Klinikkonzern Rhön einen »Durchbruch« vermeldet. Das teilte das Wissenschaftsministerium am Montagnachmittag mit. Land und UKGM wollen demnach in den nächsten zehn Jahren mindestens 800 Millionen Euro an den Standorten Gießen und Marburg investieren.
Auf diese Nachricht haben nicht nur die Mitarbeiter des Universitätsklinikums Gießen-Marburg (UKGM) gewartet: Das Land Hessen, die Rhön Klinikum AG und das UKGM haben einen »Durchbruch« vermeldet, wonach ein neues Zukunftspapier zur weiteren Zusammenarbeit und zur Absicherung der Investitionsbedarfes am Klinikum für die nächsten zehn Jahre geschlossen werden soll. Das teilten Wissenschaftsministerin Angela Dorn und Finanzminister Michael Boddenberg am Montagnachmittag in einer Stellungnahme mit. »Wir sind zuversichtlich, dass wir nun alle zentralen Punkte geklärt haben, um diese bis Ende Januar in eine vertragliche Vereinbarung umsetzen zu können. Um keine Regelungslücke entstehen zu lassen, sind sich die Parteien zudem einig, die bestehenden Vereinbarungen bis längstens Ende Februar zu verlängern. Damit geben wir rechtzeitig vor Weihnachten allen Beschäftigten des UKGM und der Universitäten Gießen und Marburg das klare Signal zur Sicherung des Klinikums in den Bereichen Krankenversorgung sowie Forschung und Lehre«, erklärten Dorn, Boddenberg und die Verhandlungspartner von UKGM und Rhön. Der Ärztliche Geschäftsführer des UKGM, Prof. Werner Seeger, spricht von einem »historischen Tag«. Er sei »unendlich erleichtert, dass jetzt das Tor für verbesserte Arbeitsbedingungen« aufgestoßen sei.
Der Plan sieht vor, dass Land und UKGM in den nächsten zehn Jahren mindestens 800 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen und Medizingerätetechnik an beiden Standorten investieren. Das Land stellt eigenen Angaben zufolge beginnend mit dem Jahr 2023 eine Förderung in Höhe von 48,15 Millionen Euro zur Verfügung. Dieser Betrag soll in festgelegten Raten über zehn Jahre hinweg jährlich steigen. Überschießende Inflationsentwicklungen sollen durch Anpassungsklauseln abgefangen werden.
Rhön will ebenfalls Mittel bereitstellen, die sich im selben Maß wie die Landeszuwendungen steigern sollen. Beginnen soll es 2023 mit 23,5 Millionen Euro an Investitionsmitteln sowie 5,35 Millionen Euro für ein Joint Venture an den beiden Universitätsklinika für Forschungsprojekte. Sollten die erwirtschafteten Eigenmittel des UKGM nicht für die vereinbarten Summen ausreichen, wird Rhön dem Universitätsklinikum diese als Eigenmittel bereitstellen, heißt es in der Stellungnahme.
Mit der Vereinbarung werden dem UKGM damit nicht nur wie bereits im Letter of Intent vereinbart mindestens rund eine halbe Milliarde Euro Landesmittel zur Verfügung stehen. Vielmehr hat sich das Land mit UKGM und Rhön geeinigt, sowohl die Basisfinanzierung im Verhältnis zur Verabredung im Letter of Intent weiter zu erhöhen, als auch die Beträge für den Vertragszeitraum verlässlich zu steigern.
Zudem teilen die Verhandlungspartner mit, dass das einmalige Sonderkündigungsrecht nach fünf Jahren für UKGM und Rhön bestehen bleiben soll. Das Gleiche gilt für das Thesaurierungsgebot, dass die direkte Wiedereinlage der jährlichen Erträge vorsieht. Außerdem sei eine Einigung für die Berechnung des Restwerts der Investitionsmittel des Landes erzielt worden. Zudem soll die »Change-of-Controll-Klausel« fortgeschrieben werden. Letztere befasst sich mit dem Fall eines Eigentüme rwechsels. Details dazu nennen die Verhandlungsführer nicht. Vor dem nun verkündeten »Durchbruch« war in den Verhandlungen die Frage Knackpunkt, wie das von Rhön bereits investierte Geld bei einem späteren Rückkauf durch das Land zu verrechnen wäre.
Rhön verzichtet auf Ausgliederung
Die Belegschaft des UKGM hat in den vergangenen Monaten mehrfach für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Eine zentrale Forderung ist nun auch in die noch nicht schriftlich fixierte Vereinbarung geflossen. Laut Mitteilung garantiert das UKGM den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und die Ausgliederung von Betriebsteilen. Darüber hinaus soll es Regelungen über den Ablauf von Berufungsverfahren und die Ausstattung von Neuberufungen geben.
Der Gießener Betriebsratsvorsitzende Marcel Iwanyik spricht daher von einer großen Erleichterung. »Der Teufel steckt aber im Detail. Man muss sich den Vertrag, wenn er unterzeichnet ist, ganz genau anschauen.« Dazu soll es zeitnah kommen, wie das Ministerium mitteilt: »Die Parteien arbeiten nun mit Hochdruck an der Aktualisierung der Vertragswerke, um möglichst bald die Unterschriften leisten zu können.«
Das Land und die beiden Universitäten sowie deren Fachbereiche Medizin haben mit dem UKGM und Rhön laut Mitteilung Projektlisten unterschiedlicher Prioritäten für die Verwendung der Investitionsmittel vereinbart. Zu den Bauprojekten der Priorität 1 gehören demnach die Kapazitätserweiterung des Klinikums und des Kinderherzzentrums/Kinderklinik in Gießen sowie der Neubau Erwachsenen-Psychiatrie und die ersten Bauabschnitte zur Sanierung von Zentral-OP und Intensivstationen in Marburg. In Gießen sollen daneben die Zahnklinik und die Generalsanierung »Alte Frauenklinik« sowie ein Funktionsneubau Zentrallabor, Apotheke, Rechenzentrum und Zentralsterilisation umgesetzt werden. Ein solcher Funktionsneubau soll auch in Marburg entstehen, darüber hinaus unter anderem die vollständige Umsetzung der Modernisierung des ersten Bauabschnittes sowie der Psychiatrie und die Sanierung und der Teilneubau der Zahnklinik. Zudem haben sich die Beteiligten auf eine »Offensive Pflege und Ausbildung« verständigt, um den Bau von Wohnraum für Azubis und Pflegekräfte zu verwirklichen.
Der »Durchbruch« sorgt bei den Beteiligten für Optimismus. Der Vorsitzende der Geschäftsführung des UKGM, Dr. Gunther K. Weiß, spricht von einem »äußerst positiven Signal« für Patienten und Belegschaft. Prof. Tobias Kaltenbach, Vorstandsvorsitzender der Rhön Klinikum AG, sieht in der Vereinbarung wichtige Unterstützung dabei, »das UKGM als Innovationsführer in unserer Unternehmensgruppe weiter auszubauen«. Die Präsidenten der Universitäten Gießen und Marburg, Prof. Joybrato Mukherjee und Prof. Thomas Nauss, erklären: »Wir begrüßen diese Verständigung sehr. Sie ist für die zukünftige Entwicklung unseres universitätsmedizinischen Forschungs- und Wissenschaftsstandortes von unschätzbarer Bedeutung.«